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Migdal-Eder

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Turm Eder; Tower of Eder; Migdol

Lokalisierungsvorschläge

  • kein Lokalisierungsvorschlag (odb)   

Namensformen AT

מגדל־עדר migdal-‘edær; πύργος Γαδερ; πύργος ποιμνίου. „Turm der Herde“

Belege AT

Gen 35,21; Mi 4,8

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

mgdl [ʿdr] (4QGen-Exoda frg.5,4: Ulrich, Eugene 2010a, 11)
turris Ader (Hieronymus in Eusebius, Onomastikon: Klostermann 43,22−24; Timm 52*,5, Nr. 196: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 45, Nr. 196; Hieronymus, quaestiones in Gen 35,21: MignePL 23,1043; Epithaphium S. Paulae 10: Donner, Herbert 2002a, 152)
Γαδερ (Eusebius, Onomastikon: Klostermann 62,5f; 68,12; Timm 74,7f; 82,4, Nr. 296.319; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 61.67, Nr. 296.319)
Gader turris (Hieronymus in Eusebius, Onomastikon: Klostermann 63,5; Timm 4*,7, Nr. 296: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 61, Nr. 296)
mgdl ʿdr (rabbinisch: Reeg, Gottfried 1989a, 393)
 

Beschreibung

Migdal-Eder wird der Platz genannt, an dem sich Jakob auf seinem Weg von Bet-El (Gen 35,16) nach Hebron (Gen 35,27) niederlässt. Dem Erzählzusammenhang nach sollte Migdal-Eder in der Nähe von Betlehem liegen (Gen 35,19). Entsprechend kommentiert Hieronymus die Angaben von Gen 35, wenn er schreibt, der Turm Ader liege etwa eine Meile von Betlehem an einer Wegverbindung. Gemeint ist möglicherweise Ḫirbet Siyār el-Ġanem (1718.1239), eine Ruinenstätte aus byzantinischer Zeit, die etwa 2 km östlich von Betlehem bei Bēt Saḥūr (1708.1234) liegt (Simons, Jan 1959a, 220 § 384; Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993a). Die von Hieronymus vorgebrachte Lokalisierung beruht auf einer Kombination des alttestamentlichen Namens „Turm der Herde“ mit der Lokaltradition von den Hirtenfeldern, die seit frühkirchlicher Zeit in der Umgebung von Bēt Saḥūr (1708.1234) gepflegt wurde (vgl. MignePL 23, 1043). Obgleich die Angaben der aus Gen 35 zu erschließenden Lage von Migdal-Eder entsprechen, sind sie wegen der beschriebenen Traditionsverknüpfung für eine genauere Lagebestimmung des alttestamentlichen Toponyms kaum zuverlässig auszuwerten. Die entsprechende Angabe im Onomastikon des Eusebius ist ein Zusatz zum griechischen Text, der nur in der lateinischen Übersetzung des Hieronymus belegt ist (Eusebius, Onomastikon 43,22−24: Notley, R. Steven / Safrai, Ze’ev 2005a, 45). Er bezieht sich also wahrscheinlich auf eine Lokaltradition, die erst im 4. Jh. n.Chr. entstand. Mi 4,8 erklärt Migdal-Eder mit der Wendung ‘opæl bat-ṣijjôn „Felsenhöhe („Ofel“) der Tochter Zion“. Der Ausdruck meint vermutlich den in chronistischen Schriften mehrfach erwähnten „Ofel“, einen felsigen Bergrücken nördlich der alten Davidstadt am Übergang zum Tempel- und Palastbezirk auf dem Osthügel Jerusalems (Neh 3,26–27; Neh 11,21; 2Chr 27,3; 2Chr 33,14). Daher will Na’aman neuerdings Migdal-Eder mit einem in 2Chr 26,9 erwähnten „Turm im Winkel“ gleichsetzen, den er an der Nordwest-Ecke der unter Nehemia errichteten Stadtmauer lokalisiert (Na’aman, Nadav 2012a, 99−101). Der Text von Mi 4 ist jedoch von eschatologischen Vorstellungen geprägt, die Zion/Jerusalem als zentralen Ort des von allen Völkern akzeptierten Königtum Jhwhs preisen. Auf diese Weise erklärt sich die Verbindung des aus der Jakobgeschichte bekannten Toponyms Migdal-Eder mit Jerusalem. Daher sollten aus Mi 4,8 keine historisch-topographischen Rückschlüsse gezogen werden. Unwahrscheinlich ist auch eine Gleichsetzung von Migdal-Eder mit dem ägyptischen Ortsnamen [mk]tr, der in der Schoschenkliste (Nr. 58) erwähnt ist (Aḥituv, Shmuel 1984a, 141; Hannig, Rainer 2006a, 1154; Wilson, Kevin A. 2005a, 116f). Dieses [mk]tr ist vermutlich im Norden Palästinas bei Dan/Lajisch (Tell el-Qāḍī 2122.2948) zu suchen. Bunnens u.a. (Bunnens, Guy u.a. 1990a) verzeichnen den Ort in Meǧdel Šems (2222.2974) nordöstlich von Dan/Lajisch. Ebenso auszuschließen ist die Identifizierung mit einem der in akkadischen Texten des 2. Jt. v.Chr. erwähnten Toponyme namens *magdalu (vgl. die Diskussion bei Albright, William Foxwell 1943a, 14 und Mazar, Benjamin 1986a, 116f; zu vier verschiedenen Orten mit Namen *magdalu s. Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 182f), zumal das Wort mgdl „Turm“ im Nordwestsemitischen und in Keilschrifttexten häufig als Ortsname oder als Teil eines solchen belegt ist. Im Alten Testament sind außerdem Migdal-El (Jos 19,38), Migdal-Gad (Jos 15,37) und das an der Nordküste der Sinaihalbinsel (Sinai, Landschaft) zu suchende Toponym Migdol (Ex 14,2; Num 33,7; Jer 44,1; Jer 46,14; Ez 29,10; Ez 30,6) bezeugt. Migdol ist neuassyrisch als magdal (Parpola, Simo 1970a, 233) und akkadisch unter der Namensform *magdalu (EA 234,29f; vgl. Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 183) bezeugt. Deshalb kann von der Namensähnlichkeit nicht auf eine Ortsgleichheit geschlossen werden.

 

Autor: Detlef Jericke, 2017; letzte Änderung: 2021-05-28 11:54:46

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 3 (1966), 2034 (Höhne, Ernst, Art. Turm Eder)
  • NBL 2 (1995), 805 (Görg, Manfred, Art. Migdol)
  • ABD 2 (1992), 284 (Liid, Dale C., Art. Eder, Tower of)
  • EBR 7 (2013), 392 (Arnet, Samuel, Art. Eder, Tower of)

 

Literatur

Albright, William Foxwell 1943a , 14 ;  Simons, Jan 1959a , 220 § 384 ;  Mazar, Benjamin 1986a , 116f ;  Ahlström, Gösta W. 1993a , 11 ;  Tsafrir, Yoram u.a. 1994a , 252 ;  Na’aman, Nadav 2012a , 116f ;  Jericke, Detlef 2013a , 204–206 ;