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Sidon

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

צידון ,צידן ṣîdon, ṣîdôn. Σιδων „Fischerstadt”

Belege AT

Gen 10, 19; Gen 49,13; Jos 11,8; Jos 13,4 (gent.); Jos 13,6 (gent.); Jos 19,28; Ri 1,31; Ri 10,6; Ri 18,28; 2Sam 24,6; 1Kön 17,9; Jes 23,2; Jes 23,4; Jes 23,12; Jer 25,22; Jer 27,3; Jer 47,4; Ez 27,8; Ez 28,21–22; Jo 4,4; Sach 9,2

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

ddn (ägyptisch: Aḥituv, Shmuel 1984a, 177; Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 249; Schipper, Bernd Ulrich 2005a, 65; Hannig, Rainer 2006a, 1211f)
ṣidūna (akkadisch: Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 248f)
zituna (hetitisch: Monte, Guiseppe F. del / Tischler, Johann 1978a, 514f)
ṣidūnu (neuassyrisch: Parpola, Simo 1970a, 322f; Bagg, Ariel M. 2007a, 226−231)
ṣidūna (neubabylonisch: Zadok, Ran 1985a, 279)
ṣdn (phönizisch: KAI 14,16.18; 15; 60,1.6; 65,11; Filigheddu, Paolo 2006a, 202−205)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit


Σιδων (Herodot 3,316; Pseudo-Skylax 104: Galling, Kurt 1938a; CIS 1, 114; Diodorus Siculus 16 passim; Arrian, anabasis 2,15,6; Plutarch, Demetrios 32,4; Polybios 5,69,11−70,2; DanSus 1,56 [Dan 13,56]; Jdt 2,28; 1Makk 5,15; Strabon 1,3,16; 2,5,39; 16,2,15f.22; Josephus, antiquitates 1,138 u.ö.; Mt 11,21–22; Mt 15,21; Mk 3,8; Mk 7,31; Lk 4,26; Lk 6,17; Lk 10,13–14; Apg 27,3; Eusebius, Onomastikon 148,6: Notley, R. Steven / Safrai, Ze’ev 2005a, 140, Nr. 803; Georgios Kyprios 969: Gelzer, Heinrich 1890a, 49)
Sidon (Plinius, naturalis historia 35,51; 36,66; Epitaphium S. Paulae 8: Donner, Herbert 2002a, 145)
Colonia Aurelia Pia (Bagg, Ariel M. 2007a, 228)
Sidona (Itinerarium Burdigalense 12: Geyer, Paulus 1898a, 18; Donner, Herbert 2002a, 50; Theodosius 23: Geyer, Paulus 1898a, 147; Donner, Herbert 2002a, 207; Antoninus Placentinus 2: Geyer, Paulus 1898a, 159; Donner, Herbert 2002a, 244)
ṣjdwn (Targum Neofiti: Díez Macho, Alejandro 1988a, 64)
kwtnjjs (Targum Pseudo-Jonatan: Díez Macho, Alejandro 1988a, 65)

Beschreibung

Sidon ist im Alten Testament als Ortsangabe und mehrfach als Personenname bzw. Gentilizium gebraucht (Gen 10,15; Jos 13,4; Ri 18,7; 1Kön 5,20; Ez 32,30; 1Chr 1,13; 1Chr 22,4). Dabei gilt Sidon als Erstgeborener Kanaans (Gen 10,15), was auf eine herausgehobene Bedeutung unter den kanaanäischen (phönizischen) Städten sprechen könnte. Die Bezeichnung „Sidonier“ ṣîdonîm kann demgemäß für alle Bewohner Kanaans stehen (Jos 13,6; 1Kön 16,31). Allerdings liegt Sidon nach alttestamentlicher Vorstellung nicht zentral im kanaanäischen Gebiet, sondern an der Nordgrenze und damit am Rande Kanaans (Gen 10,19; vgl. 2Sam 24,6). Die Stadt wird als ein wichtiger Handelsplatz am Mittelmeer beschrieben (Gen 49,13; Jes 23), in dem erfahrene Seeleute zu finden sind (Ez 27,8). In den Profetenbüchern steht Sidon in engem Zusammenhang mit der ebenfalls an der phönizischen Küste gelegenen Stadt Tyrus (Jes 23; Jer 25,22; Jer 27,3; Jer 47,4; Ez 27,8; Jo 4,4; Sach 9,2). Im Neuen Testament wird erzählt, dass Jesus sich in Tyrus und Sidon aufhielt (Mt 15,21; Mk 7,31) und dass er dort Anhänger hatte (Mk 3,8), wobei Galiläa offenbar als Hinterland der beiden Städte angesehen wird (Mk 7,31). Paulus soll auf seiner Reise nach Rom in Sidon Station gemacht haben (Apg 27,3). Die antike Stadt Sidon lag an der Stelle der heutigen libanesischen Großstadt Ṣaidā etwa 43 km südlich der Metropole Beirut und ca. 40 km nördlich von Tyrus (Ṣūr 1685.2975). Wie weit sich das alte Sidon ausdehnte ist angesichts der heutigen Bebauung nicht sicher zu sagen. Im Josuabuch ist zweimal von „Groß-Sidon“ ṣîdôn rabbāh die Rede (Jos 11,8; Jos 19,28). Neuassyrische Inschriften aus der Zeit Sanheribs (705−681 v.Chr.) kennen neben einem „Groß-Sidon“ (ṣidūnu rabû) ein „Klein-Sidon“ (ṣidūnu ṣeḫru) (Bagg, Ariel M. 2007a, 226−231). In der Inschrift auf dem Sarkophag des sidonischen Herrschers Eschmunazor II. aus dem 5. Jh. v.Chr. werden vier verschiedene toponymische Wendungen gebraucht: ṣdn šd „Sidon-Land“, ṣdn jm „Sidon-Meer“, ṣdn ’rṣ jm „Sidon-Land am Meer“ und der schwer zu deutende Ausdruck ṣdn mšl (KAI 14,16.18; vgl. Niehr, Herbert 2013a). Wahrscheinlich handelt es sich bei den genannten Namen um Stadtbezirke von Sidon, wobei möglicherweise die Stadtteile auf den vorgelagerten Inseln eine eigene Bezeichnung führten. Die archäologisch nachgewiesene Besiedlung reicht vom 4. Jt. v.Chr. bis in die späte römische Zeit. Aus dem 2. Jt. v.Chr. wurden über hundert Gräber freigelegt. In der Mittelbronzezeit (erste Hälfte 2. Jt. v.Chr.) stand in Sidon ein großer Tempel (Doumet-Serhal, Claude / Shahud, Jwana 2013a), der nach vorläufigen Angaben (2016) bis an das Ende des 2. Jt.s v.Chr. genutzt wurde. In der Spätbronzezeit (15.−12. Jh. v.Chr.) war die Stadt nach Ausweis der Amarnabriefe zumindest nominell unter ägyptischer Kontrolle und hatte aktiven Anteil am globalen Wirtschafts- und Handelsraum des östlichen Mittelmeers. Noch die Reiseerzählung des ägyptischen Funktionärs Wen-Amūn aus dem 11. Jh. v.Chr. erwähnt fünfzig Schiffe im Hafen von Sidon (Schipper, Bernd Ulrich 2005a, 65; HTAT, 214−223, Nr. 100). Die Besiedlung der Eisenzeit II (9.–6. Jh. v.Chr.) ist durch Architekturreste, die auf repräsentative Bauten hindeuten, und durch Keramikfunde nachgewiesen. Im Verlauf des 1. Jt. v.Chr. geriet Sidon unter die Kontrolle neuassyrischer Herrscher. Im Jahr 677 v.Chr. zerstörte Asarhaddon die bestehende Stadt und ließ sie als Kar-Asarhaddon („Burg-Asarhaddon“) wieder aufbauen. Eine zweite Blütezeit erlebte Sidon in der Epoche persischer Dominanz (5./4. Jh. v.Chr.). Es gab mehrere Heiligtümer, u.a. für Aschtarte und Eschmun. Das ca. 4 km nördlich des Stadtzentrums gelegene Eschmun-Heiligtum ist teilweise erhalten. Ausweislich der bereits erwähnten Inschrift auf dem Eschmunazor-Sarkophag (KAI 14,16.18; vgl. Niehr, Herbert 2013a) und dem Text des Pseudo-Skylax aus dem 4. Jh. v.Chr. (Galling, Kurt 1938a) kontrollierte Sidon Teile der palästinischen Mittelmeerküste, u.a. die Scharon-Ebene südlich des Karmel und die Gebiete der Städte Sarepta (Ṣarafand 1780.3172; vgl. 1Kön 17,9), Dor (Ḫirbet el-Burǧ 1424.2247) und Jafo (Yāfā 1267.1623). Um die Mitte des 4. Jh. v.Chr. riskierte Sidon unter dem Stadtfürsten Tennes einen Aufstand, der vom Perserkönig Artaxerxes III. niedergeschlagen wurde. 332 v.Chr. unterstützen die Sidonier Alexander bei der Belagerung von Tyrus und konnten anschließend deutlich mehr vom florierenden Mittelmeerhandel in hellenistischer Zeit profitieren als die südlich gelegene Nachbarstadt. Nach Jahren seleukidischer Herrschaft wurde Sidon gegen Ende des 2. Jh. v.Chr. wieder autonom, bis 64 v.Chr. unter Pompeius die Epoche römischer Vorherrschaft über den Vorderen Orient begann.

 

Autor: Detlef Jericke, 2015; letzte Änderung: 2023-12-08 18:41:48

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BRL (1937), 478−480
  • RGG3 6 (1962), 18 (Bach, Robert, Art. Sidon)
  • BHH 3 (1966), 1784f (Kraeling, Emil Gottlieb Heinrich, Art. Sidon)
  • 5 (1984), 922f (Giveon, Raphael, Art. Sidon)
  • BRL2 (1977), 296ff (Weippert, Helga, Art. Sidon)
  • NBL 3 (2001), 585f (Kinet, Dirk, Art. Sidon/Sidonier)
  • ABD 6 (1992), 17f (Schmitz, Philip C., Art. Sidon)
  • LThK3 9 (2000), 561 (Sedlmeier, Franz, Art. Sidon)
  • DNP 11 (2001), 520f (Liwak, Rüdiger / Jörg Wagner, Art. Sidon)
  • RGG4 7 (2004), 1302 (Yon, Marguerite, Art. Sidon)
  • WiBiLex 2015 (Saur, Markus, Art. Sidon)

 

Literatur

Galling, Kurt 1938aAbel, Félix-Marie 1938a , 461 ;  Waldmann, Helmut 1983aWagner, Jörg 1983aWaldmann, Helmut 1985aSeibert, Jakob 1985aKellermann, Mechthild u.a. 1985aGörg, Manfred 1985aHögemann, Peter / Buschmann, Kai 1986aKelly, Thomas 1987aWaldmann, Helmut / Rademacher, Rochus 1987aHögemann, Peter u.a. 1987aSchmitt, Götz 1987aWagner, Jörg / Rademacher, Rochus 1988aSchmitt, Götz 1988aPill-Rademacher, Irene u.a. 1988aWeippert, Helga 1988a , Register ;  Görg, Manfred 1989a , 99f ;  Elayi, Josette 1990aBunnens, Guy u.a. 1990aRöllig, Wolfgang / Sader, Hélène S. 1991aKellermann, Diether 1991aBieberstein, Klaus / Mittmann, Siegfried 1991aOrth, Wolfgang 1992aLipiński, Edward 1993aSader, Hélène 1997aGrainger, John D. 1997a , 780 ;  Niehr, Herbert 1998a , 87.123 ;  Sommer, Michael 2000a , 46f ;  Schweizer, Günther / Mittmann, Siegfried 2001aStucky, Rolf 2002aLehmann, Gunnar 2002a , 523−538 ;  Lipiński, Edward 2004a , 290−294 ;  Saïdah, Roger 2004aGaß, Erasmus 2005a , 125−128 ;  Salamé-Sarkis, Hassan 2005aJidejian, Nina 2006aDoumet-Serhal, Claude 2008aDoumet-Serhal, Claude 2009aBryce, Trevor 2009a , 649-652 ;  Doumet-Serhal, Claude 2010aBonnet, Corinne / Niehr, Herbert 2010a , 52-55 ;  Doumet-Serhal, Claude u.a. 2012aSaur, Markus 2012aDoumet-Serhal, Claude 2013aDoumet-Serhal, Claude / Shahud, Jwana 2013aJericke, Detlef 2013a , 54−56 ;  Niehr, Herbert 2013aMarti, Lionel 2014aWaliszewski, Tomasz / Wicenciak, Urszula 2015aDoumet-Serhal, Claude 2017aHeld, Winfried 2020aGwiazda, Mariusz u.a. 2021Doumet-Serhal, Claude u.a. 2021-2022a