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Ninive

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Ninua; Nineveh; Nineve; Ninos

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

נינוה nîneweh. Νινευη

Belege AT

Gen 10,11–12; 2Kön 19,36; Jes 37,37; Jon 1,2; Jon 3,2−7; Jon 4,1; Nah 1,1; Nah 2,9; Nah 3,7; Zef 2,13

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

nnw (ägyptisch: Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 209; Hannig, Rainer 2006a, 1157)
ninuwa (akkadisch: Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 209; hetitisch: Monte, Guiseppe F. del / Tischler, Johann 1978a, 284f; Monte, Guiseppe F. del 1992a, 112f)
ninua (neuassyrisch: Parpola, Simo 1970a, 262–267; neubabylonisch: Zadok, Ran 1985a, 238f)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Νινος (Herodot 1,102f.106.178.185.193; 2,150; Diodorus Siculus 2,1–28 passim; Strabon 2,1.31; 16,1.1−3; Josephus, antiquitates 1,143; 9,208.239; 10,22; Philostratus, Vita Apollonii 1,19)
Νινευη (Tob 1,3; Tob 1,10; Tob 1,17; Tob 1,19; Tob 1,22; Tob 7,3; Tob 11,1; Tob 11,16; Tob 11,18; Tob 14,4; Tob 14,8–9; Tob 14,15; Jdt 1,1; Jdt 2,21; Josephus, antiquitates 9,241f.)
Ninos/Ninus (Plinius, naturalis historia 6,42.117)
njnwh/njnjwh (Targume: Díez Macho, Alejandro 1988a, 64f)

Beschreibung

2Kön 19,36 und der wortgleiche Vers Jes 37,37 nennen historisch zutreffend Ninive als Residenz des neuassyrischen Königs Sanherib. Gen 10 zählt Ninive zu den Städten des legendären Nimrod. Auch die Mehrzahl der weiteren Belege in Schriften des hebräischen und des griechischen Kanons stammt aus legendenhaften Erzählungen wie dem Buch Jona, dem Tobit- und dem Juditbuch. Ähnliches gilt von den Textzeugnissen der griechischen und römischen Antike. Hier gilt die Stadt Ninos als Gründung eines gleichnamigen Königs, der auch der Urheber des assyrischen Imperiums und der Ehemann der legendären Königin Semiramis gewesen sein soll (Diodorus Siculus). Die Identität der Stadt Ninos/Ninus mit dem alttestamentlichen Ninive ist jedoch auch dadurch gesichert, dass Ninos/Ninus als Stadt am Tigris beschrieben wird (Herodot 1,193; Plinius, naturalis historia 6,42). Die antike Stadt lag im Norden des Zweistromlands am linken Ufer des Tigris gegenüber der heutigen Stadt Mosul (el-Moṣūl). Die archäologisch fassbaren Reste verteilen sich auf die zwei Siedlungshügel Qūyunǧiq und Nebī Yūnus, von denen Qūyunǧiq mit ca. 45 ha deutlich größer ist als Nebī Yūnus mit ca. 15 ha. Qūyunǧiq war von vorgeschichtlicher Zeit bis in frühislamische Zeit besiedelt. Vom ausgehenden 3. bis zum 1. Jt. v.Chr. standen hier Palastanlagen und Tempel, u.a. für Ischtar und Nabu. Bereits im ausgehenden 3. Jt. v.Chr. und zur Zeit Hammurapis (18. Jh. v.Chr.) war Ninive ein wichtiges städtisches Zentrum. Im späten 8. Jh. v.Chr. verlegte der neuassyrische König Sanherib seine Residenz von dūr-šarrukēn/Ḫorsābād nach Ninive. Auf Qūyunǧiq ließ Sanherib einen neuen Palast, den sog. „Südwestpalast“, bauen. Zu diesem gehörten Parkanlagen, die über Aquädukte aus den östlich von Ninive gelegenen Bergen bewässert wurden. Auch auf Nebī Yūnus wurde ein repräsentatives Bauwerk errichtet, das meist als „Arsenal“ bezeichnet wird. Gleichzeitig ließ Sanherib die bereits zuvor teilweise bewohnte Unterstadt östlich der beiden Hügel mit einer ca. 12 km langen Stadtmauer befestigen, die zunächst vierzehn, dann fünfzehn und später achtzehn Stadttore aufwies. Die Baumaßnahmen waren Teil der großköniglichen Inszenierung, wie die ausführliche Beschreibung in den Annalen Sanheribs zeigt (Luckenbill, Daniel David 1927a, 170f § 396−399). Assurbanipal ließ im 7. Jh. v.Chr. auf Qūyunǧiq einen weiteren Palast und eine große Bibliothek aufbauen. Ninive blieb Residenz der neuassyrischen Könige, bis die Stadt 612 v.Chr. von babylonischen und medischen Truppen eingenommen und in das neubabylonische Imperium eingegliedert wurde. Archäologische Funde aus hellenistisch-römischer und späterer Zeit zeigen, dass der Ort weiterhin besiedelt war. Die anhaltende Verehrung des Profeten Jona dokumentieren der Name des kleineren Siedlungshügels Nebī Yūnus, auf dem sich bis in die Neuzeit hinein ein Jona-Heiligtum befand, sowie Reste eines nestorianischen Klosters (ca. 4.−10. Jh. n.Chr.) und eine um 900 n.Chr. erbaute Moschee.

 

Autor: Detlef Jericke, 2015; letzte Änderung: 2019-10-14 10:53:11

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • PRE 17 (1936), 635−644 (Weidner, Ernst Friedrich, Art. Ninos)
  • RLA 9 (2001), 388−439 (Reade, Julian E. / Veenhof, Klaas Roelof / Roaf, Michael, Art. Ninive [Nineveh])
  • BRL (1937), 396f
  • RGG3 4 (1960), 1497f (Moortgat, Anton, Art. Ninive)
  • BHH 2 (1964), 1315f (Borger, Rykle, Art. Ninive)
  • BRL2 (1977), 238 (Röllig, Wolfgang, Art. Ninive)
  • NBL 2 (1995), 931f (Röllig, Wolfgang, Art. Ninive)
  • ABD 4 (1992), 1118f (Grayson, A. Kirk, Art. Nineveh)
  • LThK3 7 (1998), 876f (Schmitt, Armin, Art. Ninive)
  • DNP 8 (2000), 951f (Frahm, Eckart, Art. Ninos)
  • RGG4 6 (2003), 342 (Berlejung, Angelika, Art. Ninive)
  • WiBiLex 2017 (Schmitt, Aaron, Art. Ninive)
  • EBR 21 (2023), 509–532 (Frahm, Eckart u.a., Art. Nineveh)

 

Literatur

Layard, Austen Henry 1849aBonomi, Joseph 1852aLayard, Austen Henry 1853aParrot, André 1953aHögemann, Peter / Buschmann, Kai 1986aPill-Rademacher, Irene u.a. 1988aWeippert, Helga 1988a , Register ;  Kessler, Karlheinz 1991aRussell, John Malcolm 1991aStronach, David / Lumsden, Stephen 1992aDalley, Stephanie M. 1993aStronach, David 1994aDalley, Stephanie M. 1994aStronach, David 1995aRussell, John Malcolm 1998aRussell, John Malcolm 1999aMatthiae, Paolo 1999aOded, Bustenay 2000a , 93f ;  Schweizer, Günther / Mittmann, Siegfried 2001aBryce, Trevor 2009a , 510f ;  Lippolis, Carlos / Rubino, Angelo 2011aJericke, Detlef 2013a , 49f ;  Holloway, Steven W. 2014aKertai, David 2015aMorandi Bonacossi, Daniele / Iamoni, Marco 2015aVermeulen, Karolien 2017aPetit, Lucas P. / Bonacossi, Daniele Morandi 2017aTurner, Geoffrey 2020aMaul, Stefan M. / Miglus, Peter A. u.a. 2020aNeumann, Kiersten 2020aReade, Julian Edgeworth 2022a