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Neftoach-Quelle

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Quelle Neftoach, Nephtoah, Waters of Nephtoah

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

מי נפתוח מעין  maʿajan mê næptôa. ἡ πηγή ὕδατος ναφθω

Belege AT

Jos 15,9; Jos 18,15

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

t3 hnm.t mr-n-ptḥ-ḥtp-ḥr-m3ʿ.t ? (ägyptisch: Papyrus Anastasi III, Rückseite 6,4: Gardiner, Alan H. 1937a, 31f; Görg, Manfred 1997b; TGI3, 38; HTAT, 167)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Ναφθω (Eusebius, Onomastikon 136, 18: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 130, Nr. 728; Timm, Stefan 2017a, 177 Zeile 8, Nr. 731)
Νεφθω (Kyrill v Skythopolis, vita Sabae 67: Schwartz, Eduard 1939a, 168)

Beschreibung

Außerbiblische Belege

Die Wendung hnm.t mr-n-ptḥ-ḥtp-ḥr-m3ʿ.t „Brunnen (des) Merenptaḥ-sich-freuend-über-Maat“ (Lesung nach Görg, Manfred 1997b) aus ei­nem „Postregister“ bzw. „Tagebuch“ eines ägyptischen Grenzbeamten aus der Zeit des Pharao Merenptaḥ (spätes 13. Jh. v.Chr.) wird gern mit der im Josuabuch genannten Neftoach-Quelle in Verbindung gebracht (u.a. Calice, Franz Freiherr von 1903a; Priebatsch, Hans Yohanan 1975a; Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a, 790; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 317.333; Knauf, Ernst-Axel 2008a, 142; Finkelstein, Israel / Gadot, Yuval 2015a, 230–232). Der ägyptische Funktionär befindet sich vermutlich in der Festung Sile (bei el-Qanṭara 30.857222º N, 32.350556º E) im öst­lichen Nil­delta. Er verzeichnet die An­kunft der „Obersten (der) Bogentruppen“ vom „Brunnen (des) Merenptaḥ …“. Der Brunnen soll „(in) den Bergen“ (ntj n3 ṯsw.t) liegen (HTAT, 167). Daher könnte man anneh­men, dass die „Obersten“ von Osten aus den Bergländern Palästinas kommen. Flankierend wird auf die „Israel-Stele“ desselben Pharao Merenptaḥ ver­wiesen (Auszüge in HTAT, 168–171), aus der erschlossen wird, dass der ägyptische Herrscher mili­tärische Aktionen in der südlichen Le­vante durchführen ließ. Die Gleichsetzung der Neftoach-Quelle mit dem „Brunnen des Merenptaḥ …“ beruht auf dem Vorschlag, in Jos 15,9 und Jos 18,15 statt mʿjn mj nptwḥ jeweils ʿjn mjnptḥ zu lesen, weil die Zusammenstellung von ʿjn („Quelle“) und mjm („Wasser“) bei Ortsangaben „auffällig“ sei (Calice, Franz Freiherr von 1903a). Dies trifft auf den alttestamentlichen Gebrauch jedoch nicht zu. Die entsprechende Kombination findet sich etwa in der Wendung kål-maʿjenô hammajim (1Kön 18,5; ähn­lich 2Kön 3,19; 2Kön 3,25) oder im Ortsnamen mê ʿên šæmæš („Wasser von En-Schemesch“; Jos 15,7). Darüber hinaus kann „Wasser“ fester Bestand­teil eines Ortsnamens sein: mê-merôm („Wasser von Merom“; Jos 11,5; Jos 11,7), mê nimrim („Wasser von Nimrim“; Jes 15,6; Jes 48,34), mê haššiloa („Wasser von Schi­loach“; Jes 8,6), mê merîbat qādeš („Wasser von Meribat-Kadesch“; Dtn 32,51; Ez 47,19; Ez 48,28) bzw. mê merîbāh (Num 20,13; Num 20,24; Dtn 33,8; Ps 81,8; Ps 106,32). Daneben wird darauf verwiesen, dass eine Ableitung des alttestamentlichen Toponyms Neftoach vom Namen Merenptaḥ schwerlich zu erweisen ist (HTAT, 165 Anm. 114). Unwahrscheinlich ist auch die Übernahme eines mit einem ägyptischen Herrscher verbundenen Ortsnamens in der Levante (LÄ 4, 74). Darüber hinaus lässt sich aus dem ägyptischen Dokument nichts Näheres über die Lage des „Brunnens des Merenptaḥ …“ entnehmen. Ein lokaler Zusammenhang mit der Region westlich von Jerusalem, wo die Neftoach-Quelle zu suchen ist, ist nicht zu erschließen. Insofern ist eine Verbindung zwischen der Neftoach-Quelle und dem „Brunnen des Merenptaḥ …“ unwahrscheinlich.

Altes Testament

Die Kombination zweier Bezeichnungen für Wasserstellen ist im hebräischen (maʿajan und majim) und im griechischen Text (ἡ πηγή und τὸ ὕδωρ) zu finden. Vermutlich überträgt LXX lediglich die Schreibung des MT. Die Doppelung der Bezeichnun­gen muss nicht zu Textänderungen Anlass geben, wie oben gezeigt wurde. Ungeklärt ist, ob der Name Neftoach auch auf einen Ort namens Neftoach verweist bzw. ob der Ortsname eigentlich Meneftoach war (so Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 317.333). Zumindest sind diese Toponyme nicht als Ortsnamen im Alten Textament nachgewiesen.
Die Neftoach-Quelle ist nur im Josuabuch belegt, sowohl in der Beschreibung der Nordgrenze Judas (Jos 15,9) als auch in derjenigen der Süd­grenze Benjamins (Jos 18,15). Sie ist jeweils zwischen dem bei Jerusalem gelegenen Hinnomtal und Kirjat-Jearim genannt und sollte daher östlich des letztgenannten Orts ge­sucht werden. Jos 18,15 besagt dagegen, dass die Grenze von Kirjat-Jearim jāmmāh „nach Westen“ verläuft und dann zur Neftoach-Quelle geht. Bereits LXX scheint mit der Richtungsangabe jāmmāh Schwierigkeiten ge­habt zu haben und schreibt hier εἰς Γασιν „nach Gasin“. Neuere Kommentare gehen entweder von einem redaktionellen Versehen aus (Noth, Martin 1935b, 190–192 = Noth, Martin 1971a, 233f; Noth, Martin 1953a, 110) oder nehmen an, dass das Territorium Benjamins noch Teile des zur Küstenebene hin abfallenden Hügellands umfasste und der Aus­druck jāmmāh auf einen nicht namentlich genannten Punkt westlich von Kirjat-Jearim in Richtung Küstenebene verweist, ehe mit der Neftoach-Quelle die Be­schreibung der Südgrenze Benjamins be­ginnt (Kallai, Zecharia 1986a, 134). Im Rahmen der Grenzbeschreibungen des Josuabuchs erscheint ein solcher bruchloser Übergang von einer namen­losen Westerstreckung zu einer Örtlichkeit bei Jerusa­lem ohne Nennung eines Wende­punkts un­wahrscheinlich. Möglicherweise handelt es sich in Jos 18,15 lediglich um die Aufnahme des Stichworts jāmmāh aus Jos 15,11 mit dem Ziel, die beiden literarisch konstruierten Grenzbeschreibungen Jos 18,15–19 und Jos 15,5–12 terminologisch in Übereinstimmung zu bringen. Die tatsächliche topographische Relation zwischen der Neftoach-Quelle und Kirjat-Jearim spielte dabei keine Rolle.

Lokalisierung und archäologischer Befund

Nach der Beschreibung in Jos 15 wird die Neftoach-Quelle zumeist bei der Quelle ʿAin Liftā lokalisiert, an der sich vermutlich die griechische Bezeichnung Ναφθω der alttestamentlichen Neftoach-Quelle erhalten hat (u.a. Vincent, Louis-Hugues 1912a, , 111‒116; Abel, Félix-Marie 1938a, 398; Noth, Martin 1953a, 84.88.110f; Simons, Jan 1959a, 173 § 326; Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a, 790; Aharoni, Yohanan 1984a, 194.269; Fritz, Volkmar 1994a, 160; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 317.324.333–335; Rösel, Hartmut N. 2011a, 240; McKinny, Charles Christopher 2016a, 63). Der Platz liegt heute am nordwestlichen Rand der Stadt Jerusalem etwa 4,5 km vom Tempelplatz entfernt. Ältere Berichte, die neben Funden der römischen (herodianischen) und der byzantinischen Zeit auch solche der Eisenzeit II auflisten (Kloner, Amos 2003a, 89; Feldstein, Amir u.a. 2013a, Site Num 118 [67]), werden in neuerer Zeit in Zweifel gezogen (Finkelstein, Israel / Gadot, Yuval 2015a, 230). Allerdings ist aufgrund der der Ortsangabe Neftoach-Quelle nicht zwingend eine Besiedlung in alttestamentlicher Zeit zu er­warten (Rösel, Hartmut N. 2011a, 240). Alternativ wird die Lo­kali­sierung der Neftoach-Quelle in Qalūniya vorgeschlagen, einem 1948 zerstörten palästinensi­schen Dorf, das ca. 3 km westlich von ʿAin Liftā beim heutigen Ort Moẓa lag. Auf dem zugehörigen antiken Siedlungsplatz Ḫirbet Mizza / Tel Moẓa wurden archäologische Reste ergraben, die vom Neolithikum über die Mittel- und Spätbronze­zeit bis zur Eisenzeit II und der römisch-byzantinischen Zeit rei­chen. Ein Gebäudekomplex aus dem 10./9. Jh. v.Chr. wird als Tempelan­lage gedeutet (Greenhut, Zvi / Groot, Alan de 2009a; Kisilevitz, Shua u.a. 2014a; Finkelstein, Israel / Gadot, Yuval 2015a, 227f; Kisilevitz, Shua 2015a). Meist wird der Platz mit dem alttestamentli­chen Moza gleichgesetzt (Jos 18,26). Da neuerdings auch perserzeitliche Reste bestätigt sind (Kisilevitz, Shua u.a. 2014a), wie sie nach perserzeitlichen Stempelsiegeln mit dem Auf­druck mwṣh („Moza“) aus der Gegend um Jerusalem zu erwarten sind, scheinen die Vorbehalte gegen eine Lokalisierung von Moza auf Ḫirbet Mizza / Tel Moẓa relativiert (Finkelstein, Israel u.a. 2018b, 33). Insofern dürfte die Gleichsetzung der Neftoach-Quelle mit ʿAin Liftā weiterhin die naheliegendste Option sein.

 

Autor: Detlef Jericke, 2020; letzte Änderung: 2023-12-08 17:06:06

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • 4 (1982), 71–76 (Krauss, Rolf, Art. Merenptah)
  • ABD 4 (1992), 1073 (Toews, Wesley I., Art. Nephtoah)
  • EBR 21 (2023), 133f (Gaß, Erasmus, Art. Nephtoah)

 

Literatur

Calice, Franz Freiherr von 1903a Thomsen, Peter 1907a , 94 ;  Vincent, Louis-Hugues 1912a , 111‒116 ;  Noth, Martin 1935b , 190–192 ;  Abel, Félix-Marie 1938a , 398 ;  Noth, Martin 1953a , 84.88.110f ;  Simons, Jan 1959a , 173 § 326 ;  Weippert, Manfred 1967a , 65 ;  Noth, Martin 1971a , 233f ;  Priebatsch, Hans Yohanan 1975aRendsburg, Gary 1981a Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a , 790 ;  Aharoni, Yohanan 1984a , 194.269 ;  Kellermann, Mechthild u.a. 1985aKallai, Zecharia 1986a , 134 ;  Kellermann, Diether u.a. 1992aJericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993aFritz, Volkmar 1994a , 160 ;  Tsafrir, Yoram u.a. 1994a , 196 ;  Schmitt, Götz 1995a , 265 ;  Görg, Manfred 1997bVos, Jacobus Cornelis de 2003a , 317.324.333–335 ;  Kloner, Amos 2003a , 89 ;  Knauf, Ernst Axel 2008a , 142 ;  Greenhut, Zvi / Groot, Alon de 2009aRösel, Hartmut N. 2011a , 240 ;  Feldstein, Amir u.a. 2013a , Site Num 118 [67] ;  Kisilevitz, Shua u.a. 2014a Finkelstein, Israel / Gadot, Yuval 2015a Kisilevitz, Shua 2015aMcKinny, Charles Christopher 2016a , 63 ;  Finkelstein, Israel u.a. 2018b , 33 ;  Breyer, Francis 2019a , 87f ;  Jericke, Detlef 2020a , 141–149 ;  Hofeditz, Ulrich 2020a , 187 ;  Kisilevitz, Shua u.a. 2021aSaidel, Benjamin Adam u.a. 2021a