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Pisga

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

הפסגה happisgāh.  τὸ λελαξευμένον, Φασγα

Belege AT

Num 21,20; Num 23,14; Dtn 3,17; Dtn 3,27; Dtn 4,49; Dtn 34,1; Jos 12,3; Jos 13,20

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Ἀσηδωθ Φασγω (Eusebius, Onomastikon 16,22f: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 18, Nr. 43; Timm, Stefan 2017a, 18 Zeile 10 bis 19 Zeile 1, Nr. 43)
Φασγα (Eusebius, Onomastikon 168, 28f: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 158, Nr. 930; Timm, Stefan 2017a, 228 Zeile 7f, Nr. 932)
Φασγω (Eusebius, Onomastikon 18,3: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 18, Nr. 44; Timm, Stefan 2017a, 19, Zeile 6, Nr. 44)
 

Beschreibung

Pisga wird im Hebräischen immer mit dem Artikel gebraucht und als happisgāh wiedergegeben. Der Name kommt sowohl in der Wendung roʾš happisgāh „der Gipfel des Pisga“ (Num 21,20; Num 23,24; Dtn 3,27; Dtn 34,1) als auch in der Fügung ʾašdot happisgāh „die Abhänge des Pisga“ vor (Dtn 3,17; Dtn 4,49; Jos 12,3; Jos 13,20). Pisga könnte von der Wurzel psg „teilen, durchbrechen“ abgeleitet werden, die jedoch im Alten Testament nur in Ps 48,14 belegt ist. Der philologische Befund deutet darauf hin, dass happisgāh ursprünglich die Bezeichnung einer Landschaftsformation war und einen markanten Bergrücken kennzeichnete, der sich zwischen zwei Täler hineinschob („der Durchbruch, der Hindurchgehende“). Erst im Laufe der Überlieferungsgeschichte wurde daraus ein Eigenname. Diese Annahme wird gestützt durch die Rezeption des Namens in griechischen und lateinischen Übersetzungen. LXX verwendet an einigen Stellen eine vom Verb λαξεύω „in Stein hauen, meißeln“ abgeleitete Form, überwiegend zur Übersetzung der Wendung „der Gipfel des Pisga“ (Num 21,20; Num 23,24; Dtn 3,27), einmal jedoch auch zur Wiedergabe des Ausdrucks „die Abhänge des Pisga“ (Dtn 4,49). An den übrigen vier Belegstellen versteht LXX Pisga als Eigenname und transkribiert happisgāh als Φασγα. Die Vulgata folgt dem letztgenannten Verständnis und schreibt durchgehend Phasga. Eusebius verwendet im Onomastikon ebenfalls die Transkriptionen Φασγω (Onomastikon 16,22f; vgl. Schmitt, Götz 1995a, 278) bzw. Φασγα (Onomastikon 168, 28f). An der zuerst genannten Stelle (Onomastikon 16,22f) schreibt er dies unter dem Lemma Ἀσηδωθ. Er hält Ἀσηδωθ für eine „Stadt der Amoriter“ (πόλις τῶν Ἀμορραίων), die zu Ruben gehöre und auch Ἀσηδωθ Φασγω genannt werde. Demnach fasst er die hebräische Wendung ʾašdot happisgāh als einen Ortsnamen auf. Dabei kann er sich zumindest auf die LXX des Josuabuchs stützen, die ʾašdot happisgāh in Jos 12,3 und Jos 13,20 mit Ἀσηδωθ Φασγα wiedergibt, während sie im Deuteromium jeweils eine Genetivverbindung hat (Ἀσηδωθ τὴν Φασγα Dtn 3,17 bzw. Ἀσηδωθ τὴν λαξευτήν Dtn 4,49). An der zweitgenannten Stelle (Onomastikon 168, 28f) nennt Eusebius Φασγα zunächst wieder eine „Stadt der Amoriter“, fügt jedoch hinzu, Φασγα sei auch der Name eines „Berges im Osten“ (ὄρος πρὸς ἀνατολὰς). Hieronymus nennt den Platz in seiner lateinischen Übersetzung des Onomastikons Fasga. Gleichzeitig verweist er auf die Praxis der LXX, die den Namen stellenweise mit „excisum“ („das Herausgehauene“) übersetze (Timm, Stefan 2017a, 228* Zeile 7). Dass Eusebius in erster Linie die Schrift auslegt und nicht aus eigener Landeskenntnis schreibt, zeigt sich darin, dass er Φασγω noch ein weiteres Mal nennt, und zwar unter dem Sichwort Ἀβαρειμ „Abarim“ (Onomastikon 18,2f). In diesem Fall schreibt er von „der Landschaft“ (ἡ χώρα) namens Φασγω, die in der Gegend um das Abarimgebirge, d.h. den Berg Nebo (Nebo, Berg), zu suchen ist.
Pisga kommt im Alten Testament ausschließlich in Texten zur Wüstenwanderung Israels und zur Landnahme vor. Der „Gipfel des Pisga“ ist eine Station auf dem Zug der Israeliten durch das Ostjordanland (Num 21,20) und einer der drei Plätze, von denen aus der Seher Bileam Israel segnet (Num 23,14). Der Moabiterkönig Balak führt Bileam zunächst an einen Platz namens Bamot-Baal (Num 22,41), von dort an den Pisga (Num 23,14) und schließlich auf den „Gipfel des Pegor“ (Num 23,28). Nach dem Willen Balaks soll Bileam von diesen exponierten Plätzen aus Israel verfluchen. Auf Weisung Jhwhs spricht Bileam jedoch jeweils einen Segen. Das Lager Israels befindet sich zu dieser Zeit „in den Ebenen Moabs“ am Nordostende des Toten Meers (Salzmeer) gegenüber Jericho (Num 22,1; vgl. Num 25,1; Num 33,49). Bileam sieht von Bamot-Baal und vom Pisga aus jeweils nur einen Teil (qeṣeh „ein Ende“; Num 22,41; Num 23,13) des Lagers, während er vom Pegor aus das gesamte Lager überblickt (Num 24,2). Der „Gipfel des Pisga“ ist außerdem der Platz, von dem aus Mose das versprochene Land sehen darf, in das er selbst nicht gelangt (Dtn 3,27). Die Szene wiederholt sich kurz vor seinem Tod, als ihm Jhwh auf dem „Gipfel des Pisga“ nochmals das Land in seiner ganzen Ausdehnung zeigt (Dtn 34,1). In diesem Vers wird die Wendung „der Gipfel des Pisga“ als Apposition zu der Ortsangabe „Berg Nebo“ (Nebo, Berg) gebraucht. Die Verfasser oder Redaktoren scheinen demnach den Nebo als Teil des Pisga-Massivs verstanden zu haben. Der Gipfel des Pisga als Ort des Segens für Israel und als Platz von Moses Landschau ist mithin ein Platz, dem besondere Dignität anhaftet. Dadurch wird das zentrale Ostjordanland, das nach dem Josuabuch kein Teil des versprochenen Landes Kanaan (Westjordanland) ist (vgl. Jos 22), diesem weitgehend gleichgestellt. Entsprechend wird der Pisga in derselben Weise beschrieben wie die im Westjordanland eroberten Orte und Landschaften, indem die „Abhänge des Pisga“ zu den Gebieten gezählt werden, die Israel von den vormals im Land herrschenden Königen eroberte (Dtn 4,49; Jos 12,3) und anschließend dem eigenen Landanteil, im speziellen Fall dem Stammesanteil Rubens, zuschlug (Dtn 3,17; Jos 13,20). Die Lage des Pisga ergibt sich aus der Gleichsetzung mit dem Berg Nebo (Nebo, Berg; Dtn 34,1) und aus der Angabe, die „Abhänge des Pisga“ erstreckten sich östlich des Toten Meers (Meer der Araba, Salzmeer; Dtn 3,17; Dtn 4,49). Die Hinweise führen auf den Bergrücken Rās es-Siyāġa, der die westliche Verlängerung des Ǧebel en-Nebā bildet, der seit frühkirchlicher Zeit als Berg Nebo angesehen wird. Von Rās es-Siyāġa überblickt man weite Teile des westjordanischen Gebirges und das untere Jordantal bei Jericho. Am Nordhang des Rās es-Siyāġa finden sich mehrere kleine Plätze mit eisenzeitlichem (9.–6. Jh. v.Chr.) und perserzeitlichem (5./4. Jh. v.Chr.) Scherbenbelag (Zwickel, Wolfgang 1990a, 162‒164), darunter die Ḫirbet ‘Uyūn Mūsā, wo gern der in der Bileamerzählung neben dem Pisga genannte Pegor (Num 23,28) bzw. die nach diesem benannte Ortschaft Bet-Pegor lokalisiert werden (Dtn 3,29; Dtn 4,46; Jos 13,20). Auf dem Ǧebel en-Nebā entstanden ab dem 4. Jh. n.Chr. Kirchenbauten, ein Klosterkomplex und im 6. Jh. n.Chr. eine Basilika als Erinnerungsstätte an Moses Landschau.

 

Autor: Detlef Jericke, 2017; letzte Änderung: 2020-02-26 16:32:51

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 3 (1966), 1475 (Elliger, Karl, Art. Pisga)
  • ABD 5 (1992), 373f (Mattingly, Gerald L., Art. Pisgah)
  • NEAEHL 3 (1993), 1106‒1118 (Piccirillo, Michele, Art. Nebo, Mount)
  • WiBiLex 2014 (Jericke, Detlef, Art. Pisga)
  • EBR 2 (2009), 961f (Nelson, Richard D., Art. Asdot-Pisgah)

 

Literatur

Abel, Félix-Marie 1933a , 379-384 ;  Saller, Sylvester J. 1941aSimons, Jan 1959a , 75.263 §§ 197.441 ;  Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a , 343 ;  Zwickel, Wolfgang 1990a , 162‒164 ;  Schmitt, Götz 1995a , 278 ;  Mittmann, Siegfried 1995a , 11 ;  Piccirillo, Michele / Alliata, Eugenio 1998aMacDonald, Burton 2000a , 78 ;  Rösel, Hartmut N. 2011a , 218 ;  Dozeman, Thomas B. 2015a , 486 ;