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Taanat-Schilo

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Taanat-Silo

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

תַּאֲנַת שִׁלֹה  ta’anat šiloh. Θηνασὰ καὶ Σελλησά
 

Belege AT

Jos 16,6

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Θηναθ (Eusebius, Onomastikon: Timm 123,13-14, Nr.495; Klostermann 98,13f; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 94, Nr.493);
Σηλω (Eusebius, Onomastikon: Timm 208,6-9, Nr.849; Klostermann 156,28-31; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 147, Nr.847);
Θηνα (Klaudios Ptolemaios, geographike 5,16,5: Stückelberger, Alfred / Graßhoff, Gerd 2006b, 572-573).

Beschreibung

Belege

Das Toponym Taanat-Schilo taucht in der Bibel lediglich einmal in der Beschreibung der Nordgrenze Ephraims auf (Jos 16,6).

Etymologie

Der Name setzt sich aus zwei Teilen zusammen: der erste Namensteil ta’anat stammt dabei von teʾenāh („Feigenbaum, Feige“) ab (vgl. Aharoni, Yohanan 1984a, 111) und steht im status constructus. Der zweite Namensteil šiloh trägt die Bedeutung „[Ort] des Orakels/ der Weissagung“ (vgl. Gaß, Erasmus 2019a, 170). Somit ist der Ortsname mit „Feigenbaum der Weissagung/des Orakels“ zu übersetzen. Damit bleibt die Frage offen, ob sich der Name auf einen heiligen Baum, also einen Landschaftspunkt, bezieht oder aber einen Ort meint, an dem sich ein solcher heiliger Baum befand (vgl. Na´aman, Nadav 1986a, 154). Der Doppelname könnte dabei der Unterscheidung zweier ähnlich lautender, nahe gelegener Orte gedient haben (vgl. Wallis, Gerhard 1961a, 42).
Abzulehnen ist die Deutung, dass der zweite Namensteil auf Schilo verweist, wodurch der Ort in der Nähe von Schilo zu vermuten wäre. Da sich jedoch Jos 16,6-LXX mit Σελλησα sich in der Schreibweise deutlich von Schilo (Σηλω) unterscheidet, ist Taanat-Schilo nicht in der Nähe von Schilo zu suchen (vgl. Jericke, Detlef 2020a, 11).

Jos 16,6

Nachdem die Grenzbeschreibung mit Michmetat neu angesetzt hat, wendet sie sich in Jos 16,6 nach Osten (vgl. Seebass, Horst 1984a, 75; Na´aman, Nadav 1986a, 155). In Jos 16,6c findet sich dann das viel diskutierte Pronomen ’ôtô. Hierbei ist unklar, ob es sich auf Michmetat oder Taanat-Schilo bezieht. Da es sich um ein männliches Pronomen handelt, ist ein Bezug auf eine Stadt ausgeschlossen. In Jos 19,13-14 findet sich eine ähnliche Konstruktion mit diesem Pronomen, wo es sich auf ein Tal, also eine Landschaftsmarke bezieht. Auch für Jos 16,6 ist der Bezug auf eine Landschaftsmarke anzunehmen: entweder auf Michmetat als Gebirgszug oder auf Taanat-Schilo als heiliger Baum (vgl. Campbell, Edward Fay 1984a, 73; Na´aman, Nadav 1986a, 155-156; Gaß, Erasmus 2019a, 161). Aufgrund der Schwierigkeiten mit dem Text und dem Fehlen des Pronomens in LXX und Vulgata, wurde bisweilen das Pronomen gestrichen (vgl. Boling, Robert G. / Wright, G. Ernst 1984a, 402). Dies ist jedoch aufgrund der Parallele in Jos 19,13-14 abzulehnen; zudem stellt der MT die lectio difficilior dar und ist darum nicht aufzugeben (vgl. Gaß, Erasmus 2019a, 160). Ebenso abzulehnen ist der Vorschlag, dass es sich bei ’ôtô um den verderbten Teil eines Ortsnamens Taanat-Oto oder Oto handele (vgl. Noth, Martin 1954a, 100; Wallis, Gerhard 1961a, 42-43). Dabei wird weder der Ausfall des zweiten Namensteils Schilo sinnvoll erklärt, noch findet sich in den vielen Varianten der LXX ein Hinweis auf einen solchen Ortsnamen (vgl. Gaß, Erasmus 2019a, 161).
Ebenso problematisch ist die Doppelung der Richtungsangabe mizrāḥāh, die sich in Jos 16,6 vor Taanat-Schilo und Janoach findet. Diese kann mit einer großen Vielfalt an Bedeutungen wiedergegeben werden: „im Osten, östlich von, nach Osten“ (vgl. Rösel, Hartmut N. 2011a, 273). In jedem Fall verläuft die Grenze von Michmetat aus nach Osten, dann wird zumeist vorgeschlagen, dass die Grenze an ’ôtô (also entweder Taanat-Schilo oder Michmetat) östlich vorbeiläuft (vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 159).

Onomastikon

Eusebius identifziert im Onomastikon den Ort Θηναθ mit dem Dorf Θηνα, das zehn Meilen östlich von Neapolis sich befinden soll. Die Meilenangabe passt dabei besser zu Ḫirbet Tāna el-Fōqa als zum weiter entfernt gelegenen Ḫirbet Tāna et-Taḥta (vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 158). Aufgrund der Größe und Bedeutung von Ḫirbet Tāna et-Taḥta in römischer und byzantinischer Zeit ist jedoch davon auszugehen, dass hier Ḫirbet Tāna et-Taḥta im Blick ist (vgl. Moster, David 2017a, 242; Campbell, Edward Fay 1991a, 39; Bar, Shay / Zertal, Adam 2021a, 57-64.161-169). Eine Identität von Ḫirbet Tāna et-Taḥta mit Tanaat-Schilo lässt sich daraus allerdings nicht ableiten, da mit Ḫirbet Tāna el-Fōqa ein ähnlich genannter Ort zur gleichen Zeit besiedelt war - sowohl in römischer Zeit als auch in der Eisenzeit. Darüber hinaus könnte Eusebius auch lediglich auf einem ihm bekannten Ort zurückgreifen, der zwar auf der gleichen Wurzel (teʾenāh „Feigenbaum“) beruht, aber nicht mit dem biblischen Taanat-Schilo identisch ist.

Ptolemaios Geografie

In der Geografie des Ptolemaios wird ein Ort namens Θηνα in einer Liste von Orten in Samaria (Samaria, Landschaft) erwähnt. Aufgrund der Größe und Bedeutung von Ḫirbet Tāna et-Taḥta ist eine Identität mit dem von Eusebius genannten Ort anzunehmen (vgl. Moster, David 2017a, 240; Finkelstein, Israel u.a. 1997a, 845; Bar, Shay / Zertal, Adam 2021a, 166).

Identifikationen

a) Heiliger Baum
Aufgrund des Namens könnte es sich bei Taanat-Schilo auch um einen heiligen Baum gehandelt haben (vgl. Na´aman, Nadav 1986a, 154). Jedoch könnte das Vorhandensein von gleich zwei Orten im nördlichen Bergland, die sich von Taanat bzw. teʾenāh ableiten lassen (vgl. Elitzur, Yoel 2004a, 299), für einen besiedelten Ort als einen Landschaftspunkt sprechen: Ḫirbet Tāna el-Fōqa und Ḫirbet Tāna et-Taḥta. Beide Orte liegen nur drei Kilometer entlang des Wādī Kerād voneinander entfernt, was den Doppelnamen zur Unterscheidung beider Orte erklärt; der zweite Namensteil hat sich allerdings an keinem der beiden Orte erhalten. Das Pronomen ’ôtô in Jos 16,6 würde sich demnach auf Michmetat beziehen.

b) Ḫirbet ’Urqān es-Suqūr
Einen halben Kilometer nördlich von Ḫirbet Tāna el-Fōqa findet sich mitḪirbet ʾUrqān es-Suqūr eine eisenzeitliche, befestigte Siedlung (vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 158-159), die ebenfalls in die Diskussion eingebracht wurde. Da sich an diesem Ort der Name allerdings nicht erhalten hat und die beiden Orte Ḫirbet Tāna el-Fōqa als auch Ḫirbet Tāna et-Taḥta in der Eisenzeit II besiedelt waren, ist diese Identifikation auszuschließen.

c) Ḫirbet Tāna et-Taḥta
Das „untere Tana“ war von der Eisenzeit bis in römische Zeit besiedelt (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2021a, 161-169). Der Ort war in römischer Zeit eine bedeutende Siedlung, die gut an das römische Straßennetz angebunden war. Sie war 28 Hektar groß und verfügte über ein weites Hinterland (vgl. dazu Bar, Shay / Zertal, Adam 2021a, 24-26.78-79).

d) Ḫirbet Tāna el-Fōqa
Das „obere Tana“ liegt am nordöstlichen Abhang des Ǧebel eṭ-Ṭuwānik (1842.1749; vgl. Michmetat). Da die nächste Wasserquelle sich in zwei Kilometer Entfernung befand, musste das Wasser in Zisternen gesammelt werden (vgl. Campbell, Edward Fay 1991a, 37). Die Siedlung umfasst eine Größe von zwei Hektar und liegt auf einer leichten Erhebung (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2020a, 271). Der Scherbenbefund belegt eine Besiedlung in der Eisenzeit I und II sowie persischer, hellenistischer und römisch-byzantinischer Zeit (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2020a, 271-275) - also parallel zu Ḫirbet Tāna et-Taḥta. In der Eisenzeit II kam es dabei zu einer größeren Besiedlung an diesem Platz.
Da sich in der Eisenzeit II mehr Scherben in Ḫirbet Tāna el-Fōqa als in Ḫirbet Tāna et-Taḥta nachweisen lassen (vgl. Finkelstein, Israel u.a. 1997a, 836), ist davon auszugehen, dass dieser Ort in der Eisenzeit II den bedeutenderen der beiden Orte darstellte. Hinzu kommt, dass Ḫirbet Tāna el-Fōqa sich nördlich von Janoach befindet, das zumeist mit Ḫirbet Yānūn (1842.1738) oder Yānūn (1837.1724) identifiziert wird, und somit besser in den Verlauf der Grenzbeschreibung von Jos 16,6 passt, die zuerst Taanat-Schilo und dann erst Janoach nennt. Da Ḫirbet Tāna et-Taḥta auf gleicher Höhe östlich der beiden für Janoach vorgeschlagenen Orte liegt, ist diese Identifikation abzulehnen (vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 158). Somit müsste Taanat-Schilo mit Ḫirbet Tāna el-Fōqa identisch sein.
 

 

Autor: Jakob M. C. Luz y Graf, 2022; letzte Änderung: 2022-03-09 11:31:24

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • ABD 6 (1992), 290-291 (Toews, Wesley I., Art. Taanath-Shiloh)
  • WiBiLex 2019 (Jericke, Detlef, Art. Silo [Ort])

 

Literatur

Elliger, Karl 1930a , 277-279 ;  Abel, Félix-Marie 1938a , 474 ;  Noth, Martin 1953a , 100 ;  Simons, Jan 1959a , 166-167 §234 ;  Wallis, Gerhard 1961aKuschke, Arnulf 1965a , 105-106 ;  Elliger, Karl 1970a , 95-97 ;  Kochavi, Moshe 1972a , 158.167 ;  Avi-Yonah, Michael 1976a , 101 ;  Otto, Eckart 1978a , 110 ;  Seebass, Horst 1984a , 75 ;  Aharoni, Yohanan 1984a , 111.270 ;  Campbell, Edward Fay 1984a , 73 ;  Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a , 402-403 ;  Na’aman, Nadav 1986a , 153-157 ;  Kallai, Zecharia 1986a , 158-159 ;  Campbell, Edward Fay 1991a , 37-40 ;  Svensson, Jan 1994a , 64 ;  Tsafrir, Yoram u.a. 1994a , 249 ;  Schmitt, Götz 1995a , 329 ;  Finkelstein, Israel u.a. 1997a , 845-849 ;  Miller, Daniel 1999a , 190 ;  Elitzur, Yoel 2004a , 244.299-301 ;  Rösel, Hartmut N. 2011a , 273 ;  Bagg, Ariel M. 2017a , 249 ;  Bar, Shay 2017aMoster, David 2017a , 239-242 ;  Gaß, Erasmus 2019a , 160-161.170 ;  Jericke, Detlef 2020a , 11 ;  Bar, Shay / Zertal, Adam 2020a , 271-275 ;  Bar, Shay / Zertal, Adam 2021a , 161-169 ;