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Ofir

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Ophir

Lokalisierungsvorschläge

  • Landschaft in Südarabien (? odb)   

Namensformen AT

אופיר ’ôpîr. Σουφιρ, Ουφιρ

Belege AT

1Kön 9,28; 1Kön 10,11; 1Kön 22,49; Jes 13,12; Jer 10,9 (?); Ps 45,10; Hi 28,16; 1Chr 29,4; 2Chr 8,18; 2Chr 9,10; Personenname: Gen 10,29; 1Chr 1,23

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

’pr (Ostrakon vom Tell Qasīle: Renz, Johannes / Röllig, Wolfgang 1995a, 229f)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Σουφιρ (Tob 13,17 [Luther Tob 13,20]; Sir 7,18 [Luther Sir 7,20])
Ὀφιρης (Josephus, antiquitates 1,147)
Σωφεϊρα (Josephus, antiquitates 8,164; Eusebius, Onomastikon 150,14‒18: Notley, R. Steven / Safrai, Ze’ev 2005a, 141, Nr. 869)
Ὠφιωδης (Diodorus Siculus 3,39; Strabon16,4.6) ?

Beschreibung

Ofir scheint eine Region im äußersten Osten der bekannten Welt zu bezeichnen, ähnlich wie Tarschisch für den westlichen Rand derselben steht. Aus Ofir wird nach alttestamentlicher Darstellung v.a. Gold importiert (1Kön 9,28; 1Kön 22,49; vgl. Sir 7,18 [Luther Sir 7,20]), daneben auch Edelhölzer und Edelsteine (1Kön 10,11; vgl. Tob 13,17 [Luther Tob 13,20]). Der gesamte Transport soll auf (Tarschisch-)Schiffen erfolgt sein. Ausgangspunkt der Fahrten war Ezjon-Geber (Ǧezīret Fira‘ūn 1363.8750) am Nordende des Golfs von ‘Aqaba. Daher ist Ofir an den Küsten des Roten Meeres, entweder im Westen der Arabischen Halbinsel oder im Osten Afrikas, zu suchen. Gen 10,28f verbinden Ofir genealogisch mit Scheba (Scheba, Arabien) / Saba (vgl 1Kön 10). Meist wird deshalb Ofir im Südwesten Arabiens lokalisiert, wo das Königreich der Sabäer lag (Simons, Jan 1959a, 70f § 185; Noth, Martin 1983a, 222f; Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a, 281; RGG4 6, 593). Dort ist zwar Gold zu finden, aber keine exotischen Tiere und Edelhölzer, wie dies 1Kön 10,22 vorauszusetzen scheint. Daher wird Ofir alternativ am Horn von Afrika, dem heutigen Somalia gesucht (ABD 5, 26f; MacDonald, Burton 2000a, 99 Anm. 8). Mitunter wird auch gefordert, zwischen einem „salomonischen“ (1Kön 9f; eine nicht genau zu lokalisierende Hafenstadt auf der Arabischen Halbinsel) und einem „joktanischen“ Ofir (Gen 10; Oman) zu unterscheiden (Christidès, Vassilios 1970a). Dabei wird auf die unterschiedliche Schreibweise der LXX verwiesen, die in 1Kön 9f Σουφιρ bzw Σουφηρ hat, in Gen 10,29 jedoch hebräisch ’ôpîr mit Ουφιρ transkribiert. Diese Argumentation übersieht, dass LXX in Gen 10 die Namen der Nachkommen Noachs durchgängig transkribiert und nicht mit geläufigen griechischen Namen wiedergibt, um den genealogischen Charakter des Texts zu bewahren (vgl. etwa zu Kusch). Möglicherweise diente Ofir jedoch lediglich als Handelszentrale für Güter aus Ostafrika und Südarabien, so dass nicht notwendigerweise alle Produkte, die im Zusammenhang mit den Fahrten nach Ofir genannt sind, auch von dort stammen müssen. Selten wird Ofir in Indien gesucht. Die entsprechende Notiz bei Josephus (antiquitates 8,164) beruht wahrscheinlich darauf, dass nach den Alexanderfeldzügen Indien als äußerster östlicher Punkt der Welt galt. Verschiedene Autoren der frühkirchlichen Zeit wie Eusebius (Onomastikon 150,14‒18: Notley, R. Steven / Safrai, Ze’ev 2005a, 141, Nr. 869) und Prokopius von Gaza (Commentarii in Lib. III regum 9: PG 87/1, 1160) folgen dieser Tradition. Daneben ist Ofir eine Qualitätsbezeichnung für eine Goldart, das Ofirgold (Ps 45,10; 1Chr 29,4). Folglich könnte die Textänderung in Jer 10,9 berechtigt sein, wo mit dem Targum, der syrischen Textüberlieferung und Theodotion „Ofir“ statt ’ûpāz (masoretischer Text, LXX Μωφαζ) gelesen wird (anders Gregor, Barbara 1988a). Auch der Text des in das 8./7. Jh. v.Chr. zu datierenden Ostrakons aus dem nordöstlich von Jafo/Yāfā (1267.1623) gelegenen Tell Qasīle (1307.1676) zhb ’pr lbjt ḥrn „Gold aus Ofir für Bet Horon“ bezeugt die Verwendung als Herkunfts- und Qualitätsbezeichnung (Renz, Johannes / Röllig, Wolfgang 1995a, 229f). Allerdings gibt der epigraphische Beleg keinen Hinweis auf die Lage von Ofir. Ebensowenig ist bislang die Verbindung von Ofir zum Fundort Tell Qasīle oder zum weiter südöstlich gelegenen Bestimmungsort des Golds Bet-Horon (Bēt ‘Ūr el-Fōqā 1608.1436 / Bēt ‘Ūr el-Taḥtā 1582.1445) befriedigend geklärt.Die Unsicherheiten in der Lagebestimmung und die eindeutige Verwendung als Qualitätskennzeichnung führten zu der These, Ofir sei eine mythische Bezeichnung für ein weit entferntes, jedoch nicht real existierendes Land (Görg, Manfred 1996a). Diese Annahme könnte die alttestamentlichen Texte erklären, nicht jedoch den epigraphischen Beleg, der eine konkrete Bestimmung des Namens Ofir nahelegt. Einige griechische Textzeugnisse nennen eine Insel Ὠφιωδης „Ōphiōdēs“, die wahrscheinlich mit St. Johns Island vor Berenike (23º.50'N.35º.30'E; vgl. Högemann, Peter u.a. 1987a) an der Westküste des Golfs von Suez etwa auf der Höhe der Grenze zwischen Ägypten und Kusch/Nubien (Sudan) gleichzusetzen ist. Auch im Hinterland von Berenike sind Goldfunde bezeugt (Diodorus Siculus 3,45) und Kusch/Nubien galt im Altertum als Goldland schlechthin. Inwieweit allerdings Ὠφιωδης mit dem alttestamentlichen Ofir identisch ist, bleibt umstritten. Eine Lokalisierung des alttestamentlichen Toponyms aufgrund der griechischen Belege wäre – abgesehen von den philologischen Fragen – nur problematisch, wenn man annimmt, dass die entsprechenden Texte der Königebücher deutlich vor der hellenistischen Zeit entstanden und dass die parallelen Formulierungen der Chronikbücher auf den Vorstellungen der Königebücher basieren und nicht zeitgenönisse Erfahrungen des 4. bis 2. Jh. v.Chr. wiedergeben.

 

Autor: Detlef Jericke, 2016; letzte Änderung: 2019-10-15 10:11:22

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • RGG3 4 (1960), 1658f (Bach, Robert, Art. Ophir)
  • BHH 2 (1964), 1353 (Rost, Leonhard, Art. Ophir)
  • NBL 3 (2001), 26 (Görg, Manfred, Art. Ofir)
  • ABD 5 (1992), 26f (Baker, David W., Art. Ophir)
  • RGG4 6 (2003), 593 (Knauf, Ernst Axel, Art. Ophir)

 

Literatur

Mazar, Benjamin 1951a , 209f ;  Mazar, Benjamin 1951bSimons, Jan 1959a , 70f § 185 ;  Speiser, Ephraim Avigdor 1964a , 70 ;  Christidès, Vassilios 1970aGalling, Kurt 1972a , 11 Anm. 57 ;  Westermann, Claus 1974a , 703 ;  Görg, Manfred 1981aKeel, Othmar / Küchler, Max 1982a , 281 ;  Noth, Martin 1983a , 222f ;  Gregor, Barbara 1988aGörg, Manfred 1991a 22-32 ;  Briquel-Chatonnet, Françoise 1992a 277‒283 ;  Görg, Manfred 1996aMacDonald, Burton 2000a , 99 Anm. 8 ;  Zazzaro, Chiara 2013aGertz, Jan Christian 2018a , 326 ;  Breyer, Francis 2019a , 79f ;