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Peniël

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Penuël; Penuel; Pnuel; Pniël; Pniel; Pnuël

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

פנואל ,פניאל penî’el, penû’el. Φανουηλ. „Angesicht Gottes/Els“

Belege AT

Gen 32,31-32; Ri 8,8-9; Ri 8,17; 1Kön 12,25

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

[p]n’r (ägyptisch: Schoschenkliste Nr. 53: Simons, Jan 1937a, 182; Aḥituv, Shmuel 1984a, 154; Wilson, Kevin A. 2005a, 115)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Φανουηλ (Josephus, antiquitates 1,334)

Beschreibung

Der Platz, der Penuël genannt wird, liegt an einem Übergang über den Jabbok (Gen 32,31-32). Jakobs Weg führt vom Gebirge Gilead (Gilead, Landschaft) im zentralen Ostjordanland (Gen 31) in westlicher Richtung zunächst nach Mahanajim (Gen 32,3) und nach Penuël (Gen 32,31-32), dann nach Sukkot (Sukkot, Jordantal; Gen 33,17) und schließlich in das westjordanische Bergland nach Sichem (Gen 33,18-20). Die nacheinander genannten Orte sollten daher auf einer Wegstrecke von Ost nach West liegen. Auch die Schoschenkliste aus Karnak (Theben), eine Auflistung der vorgeblich vom Pharao Schoschenk am Ende des 10. Jh. v.Chr. eroberten Orte, nennt Penuël ([p]n’r, Nr. 53) in Verbindung mit Sukkot (pktt/p3-wr-ktt, Nr. 55: Wilson, Kevin A. 2005a, 115). Gleiches gilt für den Erzählzusammenhang in Ri 8. Gideon zieht von Sukkot nach Penuël hinauf, um Proviant für seine Leute einzufordern (Ri 8,8). Da Gideon aus dem Westjordanland kommt und nach Jogboha/el-Ǧubēha (2316.1590) auf das ostjordanische Gebirge gelangt (Ri 8,11), weist auch Ri 8 auf die Lage Penuëls östlich von Sukkot/Tell Dēr ‘Allā (2088.1782). Schwierigkeiten bereitet die Schilderung des Rückwegs, den Gideon einschlägt (Ri 8,14-17). In diesen Versen ist wiederum die Reihenfolge Sukkot-Penuël eingehalten. Vermutlich handelt es sich um ein literarisches Stilmittel, um die Härte der an den Bewohnern Penuëls vorgenommenen Strafaktion (Ri 8,17) gegenüber der Bestrafung Sukkots (Ri 8,14-16) zu betonen. Ri 8,9 und Ri 8,17 kennzeichnen Penuël als migdāl („kleine Festung“ oder „Turm“). Auch die Notiz vom Ausbau Penuëls als königliche Residenz durch Jerobeam I. (1Kön 12,25) setzt voraus, dass es sich um eine befestigte Anlage handelte, die zumindest von der Art her mit anderen Residenzorten wie Sichem/Tell Balaṭā (1769.1798) oder Tirza/Tell el-Fār‘a Nord (1823.1882) vergleichbar war (1Kön 12,25; 1Kön 15,21; 1Kön 15,33). Die Erwähnungen in der Schoschenkliste und in 1Kön lassen erkennen, dass Penuël ein historisch fassbarer Platz war, obwohl die mit Ätiologien durchsetzte Erzählung Gen 32,25-33, die u.a. auch eine volkstümliche Etymologie für den Namen Penuël („Angesicht Gottes/Els“) bietet, zunächst den Verdacht aufkommen lässt, dass es sich lediglich um einen symbolischen Ortsnamen handelt. Penuël wurde und wird meist auf den gut 6 km östlich von Tell Dēr ‘Allā im Wādī ez-Zerqā gelegenen Tulūl eḏ-Ḏahab (Tell eḏ-Ḏahab el-Ġarbī 2149.1771, Tell eḏ-Ḏahab eš-Šerqī 2153.1772) oder zumindest auf einem der beiden Hügel gesucht (Albright, William Foxwell 1929a, 12f; Abel, Félix-Marie 1938a, 406; Vaux, Roland de 1938b; Noth, Martin 1941a, 68.88f = Noth, Martin 1971a, 363.379–380; Simons, Jan 1959a, 231f § 415; Thiel, Winfried 1991a; Weippert, Manfred 1997b, 21–22; Finkelstein, Israel u.a. 2011a, 148–149). Die beiden Siedlungshügel liegen einander gegenüber auf der West- bzw. auf der Ostseite des Flusslaufs. Sie erfüllen daher auch das für Penuël erschlossene Kriterium einer Lage direkt am Jabbok. Auf dem westlichen Tell eḏ-Ḏahab el-Ġarbī befinden sich Reste einer mit einer Kasemattenmauer umgebenen Siedlung, die sich auf ca. 220 x 170 m ausdehnt. Auf dem östlichen Tell eḏ-Ḏahab eš-Šerqī sind noch die Mauern einer ca. 140 x 50 m großen Festung zu sehen. Beide Anlagen stammen vermutlich aus späthellenistischer Zeit. Der Scherbenbefund indiziert jedoch für beide Hügel eine ebenso intensive Besiedlung in der Eisenzeit. Bleibt man bei der Lokalisierung von Penuël auf den Tulūl eḏ-Ḏahab, so muss man Mahanajim auf dem ca. 4 km weiter südlich gelegenen Tell Ḥeǧǧāǧ (2154.1732) suchen. Die Lage des Platzes könnte der Gen 31-33 vorausgesetzten Wegführung von Gilead nach Sukkot und Sichem entsprechen, da das Kerngebiet Gileads mit der gleichnamigen Ortschaft Gilead (Gilead, Ort)/Ḫirbet Ǧel‘ad (2235.1695) etwa 10 km südöstlich von Tell Ḥeǧǧāǧ liegt. Nach dem Keramikbefund auf dem ca. 150 x 50 m großen Siedlungshügel von Tell Ḥeǧǧāǧ zu schließen, lag die Hauptbesiedlungsphase in der Eisenzeit. Allerdings scheint der Platz als Rückzugsort vom Westjordanland aus, von wo Ischbaal und David nach Mahanajim kommen (2Sam 2; 2Sam 17), zu abgelegen zu sein. Zudem ist zweifelhaft, ob der relativ kleine und wenig geschützte Siedlungshügel ausreichend Sicherheit bot. Daher wird Mahanajim mit guten Gründen mit den Tulūl eḏ-Ḏahab gleichgesetzt. Will man nicht die abwegige These verteidigen, Penuël sei auf Tell eḏ-Ḏahab eš-Šerqī und Mahanajim auf Tell eḏ-Ḏahab el-Ġarbī zu finden (Aharoni, Yohanan 1984a, 35), so muss man Penuël westlich der Tulūl eḏ-Ḏahab suchen. Der Vorschlag, Penuël auf Tell Dēr ‘Allā und Sukkot dementsprechend auf dem kleinen, ca. 2,5 km westlich von Tell Dēr ‘Allā gelegenen Tell el-Aḫṣaṣ (2063.1777) zu lokalisieren (Lemaire, André 1981b, 52; MacDonald, Burton 2000a, 148–149), scheitert daran, dass für Tell Dēr ‘Allā keine Befestigungen nachgewiesen sind, wie sie die alttestamentlichen Belege für Penuël erwarten lassen. Daher legt sich die Gleichsetzung von Penuël mit dem ca. 2 km östlich von Tell Dēr ‘Alla und ca. 4 km westlich der Tulūl eḏ-Ḏahab gelegenen Tell el-Ḥamme (Ost) nahe (Mazar, Benjamin 1957a, 61 = Mazar, Benjamin 1986a, 145–148; Blum, Erhard 1984a, 196; Kallai, Zekharyah 1986a, 264; Zwickel, Wolfgang 1996a). Der Hügel beherrscht zusammen mit dem östlich benachbarten Tell Mġannī einen Jabbokübergang, den auch die Römerstraße nutzte, die vom Jordantal aus in das zentrale ostjordanische Bergland führte. Vor allem Tell Mġannī liegt strategisch günstig, um den Aufstieg vom Jordantal in das Jabboktal zu kontrollieren. Die ursprüngliche Größe des Tell el-Ḥamme und die Ausdehnung der antiken Besiedlung sind nicht mehr zu erheben, da gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein erheblicher Teil des Hügels bei Bauarbeiten abgetragen wurde. Von der alten Siedlungsfläche sind lediglich 95 x 52 m erhalten, wobei anzunehmen ist, dass die antike Bebauung ein größeres Areal umfasste. Der Scherbenbefund weist auf eine Nutzung vom Chalkolithikum bis in byzantinische Zeit. Die Hauptbesiedlungsphase lag in der Eisenzeit. Erste Ausgrabungen brachten Siedlungshorizonte der späten Mittelbronzezeit (16./15. Jh. v.Chr.), der Spätbronzezeit (15.–13. Jh. v.Chr.) und der frühen Eisenzeit (12.–10. Jh. v.Chr.) zu Tage. Darüber hinaus wurden Einrichtungen zur Metallverarbeitung aus der Eisenzeit II (8./7. Jh. v.Chr.) entdeckt. Auf dem knapp 1 km weiter östlich gelegenen Tell Mġannī fanden sich Reste einer ca. 180 x 30 m großen Festung aus späthellenistischer Zeit. Bei dieser Anlage handelt es sich vermutlich um die bei Josephus und anderen Autoren der griechisch-römischen Antike genannte Festung Amathous (Mittmann, Siegfried 1987a; vgl. Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1992a). Sie diente dem Hasmonäerfürsten Alexander Jannäus (103–76 v.Chr) als Stützpunkt für seine militärischen Operationen im Ostjordanland und war nach dem Zeugnis des Josephus die größte Festung östlich des Jordans (Josephus, antiquitates 13,356). Auf dem Hügel wurden auch eisenzeitliche Scherben gefunden, so dass eine Besiedlung in dieser Epoche wahrscheinlich ist, ohne dass über die Art der Bebauung Näheres gesagt werden kann. Möglicherweise befand sich hier der Turm von Penuël, den Ri 8 erwähnt, während auf Tell el-Ḥamme die dazugehörende Siedlung lag. Für eine Lokalisierung von Penuël auf Tell el-Ḥamme/Tell Mġannī sprechen somit der archäologische Befund und die Übereinstimmung mit der aus den Schriftzeugnissen zu erschließenden Lage des Ortes. Dabei bleibt offen, warum der Name Penuël in hellenistischer Zeit zugunsten der griechischen Bezeichnung Amathous aufgegeben wurde, zumal sich lediglich dieser Name im modernen Ortsnamen Tell el-Ḥamme erhalten hat.

 

Autor: Detlef Jericke, 2016; letzte Änderung: 2021-05-16 17:43:59

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • RGG3 5 (1961), 217f (Kuschke, Arnulf, Art. Penuel)
  • BHH 3 (1966),1478 ( Elliger, Karl, Art. Pniel, Pnuel)
  • TRE 26 (1996), 209−211 (Liwak, Rüdiger, Art. Penuel)
  • NBL 3 (2001), 111–112 (Zwickel, Wolfgang, Art. Penuel)
  • ABD 5 (1992), 223 (Slayton, Joel C., Art. Penuel)
  • NEAEHL 1 (1993), 338–342 (Kooij, Gerrit van der, Art. Deir ‘Alla, Tell)
  • LThK3 8 (1999), 24 (Wenning, Robert, Art. Penuel)
  • RGG4 6 (2003), 1103 (Knauf, Enst-Axel, Art. Penuel)
  • WiBiLex 2012 (Pola, Thomas, Art. Pnuël/Pniël)

 

Literatur

Steuernagel, Carl 1925a , 354 ;  Albright, William Foxwell 1929a , 12f ;  Vaux, Roland de 1938cAbel, Félix-Marie 1938a , 406 ;  Glueck, Nelson 1939a , 232−234 ;  Vaux, Roland de 1941a , 30 ;  Noth, Martin 1941a , 68.88f ;  Glueck, Nelson 1951a , 313 ;  Mazar, Benjamin 1951a , 61 ;  Simons, Jan 1959a , 231f § 415 ;  Metzger, Martin 1960a , 101f ;  Huppenbauer, Hans Walter 1962aMittmann, Siegfried 1963aNoth, Martin 1971a , 363.379f ;  Lemaire, André 1981b , 52 ;  Gordon, Robert L. / Villiers, Linda E. 1983aGordon, Robert L. 1984aBlum, Erhard 1984a , 196 ;  Aharoni, Yohanan 1984a , 35 ;  Kellermann, Mechthild u.a. 1985aMazar, Benjamin 1986a , 145–148 ;  Kallai, Zecharia 1986a , 264 ;  Gordon, Robert L. 1987aMittmann, Siegfried 1987aCoughenour, Robert A. 1989aZwickel, Wolfgang 1990a , 249−251 ;  Thiel, Winfried 1991aSchmitt, Götz 1995a , 51f ;  Zwickel, Wolfgang 1996aWeippert, Manfred 1997b , 21f ;  Steen, Eveline J. van der 1998aVeldhuijzen, Xander / Steen, Eveline J. van der 1999aMacDonald, Burton 2000a , 148f ;  Steen, Eveline J. van der 2001aLamprichs, Roland / Bienert, Hans-Dieter 2002aGaß, Erasmus 2005a , 445−449 ;  Gaß, Erasmus 2005b , 45 ;  Hutton, Jeremy M. 2006aFinkelstein, Israel u.a. 2011a , 148–149 ;  Jericke, Detlef 2013a , 197–199 ;  Finkelstein, Israel 2020a , 253f ;