Universität Heidelberg | Theologische Fakultät Trier
Ortsangaben der Bibel (odb)
Start orte Ortsnamen Literatur Karte    

zurück zur Übersicht

 

Resen

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

רסן ræsæn. Δασεμ. „Zaumzeug, Halfter“

Belege AT

Gen 10,12

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Δασεμ (Eusebius, Onomastikon: Timm 92,5f, Nr. 366; Klostermann 74,24f; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 74, Nr. 366)
tl()sr (Targume: Díez Macho, Alejandro 1988a, 64f)

Beschreibung

Resen soll eine der Städte des legendären Nimrod sein. Ein in Assyrien (Assur) gelegener Ort, der dem biblischen Resen entsprechen könnte, ist bislang nicht nachgewiesen. Im Akkadischen bezeichnet risnu ein Bewässerungssystem. Aus Inschriften ist bekannt, dass Assurnasirpal einen Kanal vom oberen („großen“) Zab nach kalḫu/Nimrūd zur Bewässerung der Gärten der Stadt anlegen ließ, der pati-ḫegalli „Kanal des Überflusses, Luxuskanal“ hieß. Daher könnte Resen diesen Kanal als ein zu Kelach gehörendes Bauwerk meinen (Lipiński, Edward 1966a), ähnlich wie Rehobot-Ir (Gen 10,11) möglicherweise Vorstädte von Ninive bezeichnet. In diesem Fall wäre auch die topographische Näherbestimmung, dass Resen „zwischen Ninive und Kelach“ lag, zumindest annäherungsweise verständlich, da Ninive nördlich von Kelach lag und der von Assurnasirpal angelegt Kanal wahrscheinlich von Nordosten aus nach Kelach (kalḫu/Nimrūd) führte. Aus Gründen der literarisch-topographischen Systematik (vier Städte in Schinar/Babylonien und vier Städte in Assur) wurden dann innerhalb des Nimrod-Abschnitts (Gen 10,8-12) Rehobot-Ir und Resen wie eigenständige Orte behandelt. Eine andere These zur Lokalisierung von Resen geht von der im Alten Testament bezeugten Wortbedeutung von ræsæn „Zaumzeug, Halfter“ (Jes 30,28; Ps 32,9), von der akkadischischen Wendung rēš ēni „Quellort, Urquelle“ und von der Gleichsetzung Nimrods mit der in kalḫu/Nimrūd verehrten Gottheit Ninurta aus (Van der Kooij, Arie 2006a, 13−15; Fenton, Terry 2010a). Nach dieser Interpretation kann der Nimrod-Abschnitt (Gen 10,8-12) nur im 9. oder 8. Jh. v.Chr. entstanden sein, als kalḫu/Nimrūd Residenzstadt der neuassyrischen Könige war. Da die Wendung rēš ēni auf einen Neuanfang deute, sei an die Zeit Sargons II. zu denken, der zunächst noch in kalḫu/Nimrūd residierte, bevor er dūr-šarrukēn/Ḫorsābād als neue Hauptstadt errichten ließ. Flankierend wird darauf verwiesen, dass Jes 30,28 mit ræsæn die assyrische Sitte beschreibt, besiegte Herrscher wie Tiere am Zaumzeug in Gefangenschaft zu führen, und dass sich Sargon II. in einer in dūr-šarrukēn/Ḫorsābād gefundenen Inschrift dieser Praxis rühmt. Möglicherweise sei daher ein ursprünglich in Gen 10,12 stehendes Toponym dr srgn (dūr-šarrukēn) im Laufe der Textüberlieferung in rsn „Resen“ geändert worden. Eine Gleichsetzung von Resen mit dūr-šarrukēn/Ḫorsābād hätte zur Folge, dass in Gen 10,11-12 alle drei in neuassyrischer Zeit neu eingerichteten Residenzstädte genannt wären: Kelach/kalḫu (9./8. Jh. v.Chr.), dūr-šarrukēn (Ende 8. Jh. v.Chr.) und Ninive (8./7. Jh. v.Chr.). Zugunsten dieser These könnte noch auf die Apposition am Schluss von Gen 10,12 („das ist die große Stadt“) verwiesen werden, wenn sich diese Wendung auf Resen und nicht auf Kelach bezieht. Die Gleichsetzung Resen/dūr-šarrukēn/Ḫorsābād wird jedoch durch die vor der genannten Apposition stehende Lageangabe „zwischen Ninive und Kelach“ (Gen 10,12) in Frage gestellt, die sich eindeutig auf Resen bezieht. Dūr-šarrukēn/Ḫorsābād lag nicht zwischen Ninive und Kelach, sondern nördlich der beiden Städte, ca. 15 km nördlich von Ninive und ca. 50 km nördlich von Kelach. Auch die LXX-Schreibung Δασεμ (Dasem) kann nicht für eine ursprüngliche Schreibung dr srgn angeführt werden, da sie vermutlich auf einer Verwechslung von hebräisch r und d beruht. Eine zuverlässige Lokalisierung von Resen ist daher weiter offen. Darauf weisen auch die Targume, die das ihnen unbekannte Resen durch die 2Kön 19,12 und Jes 37,12 genannten Stadt Telassar ersetzen, die im mittleren Zweistromland am Nahr Diyālā, einem Nebenfluss des Tigris, gesucht wird (Na’aman, Nadav 2000a, 397).

 

Autor: Detlef Jericke, 2016; letzte Änderung: 2021-05-20 11:12:12

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • TRE 4 (1979), 272 (Lambert, Wilfred George, Art. Assyrien und Israel)
  • ABD 5 (1992), 678 (Davila, James R., Art. Resen)
  • EBR 15 (2017), 171f (Marti, Lionel, Art. Khorsabad)

 

Literatur

Delitzsch, Franz 1887a , 216 ;  Dossin, Georges 1934aSimons, Jan 1959a , 528 § 1703 ;  Cassuto, Umberto 1964a , 203 ;  Speiser, Ephraim Avigdor 1964a , 68 ;  Lipiński, Edward 1966aWestermann, Claus 1974a , 692 ;  Toorn, Karel van der / Horst, Pieter Willem van der 1990aLevin, Yigal 2002aKooij, Arie van der 2006a , 13−15 ;  Bryce, Trevor 2009a , 207f ;  Fenton, Terry 2010aJericke, Detlef 2013a , 53f ;  Bührer, Walter 2017aGertz, Jan Christian 2018a , 315 ;