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Aroër, Moab

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Aroer

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

ערער aro’er. Αροηρ

Belege AT

Num 32,34; Dtn 2,36; Dtn 3,12; Dtn 4,48; Jos 12,2; Jos 13,9; Jos 13,16; Ri 11,26; Ri 11,33 (?); 2Sam 24,5; 2Kön 10,33; Jes 17,2 (?); Jer 48,19; 1Chr 5,8; 1Chr 11,44 (gent.) (?)

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

ʿrʿr (Mescha-Inschrift: KAI 181, 26; TUAT I 649; Gaß, Erasmus 2009a, 9; HTAT, 248)
 

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Ἀροηρ (Eusebius, Onomastikon: Timm 12,6–11, Nr. 23; 131,7f., Nr. 528; Klostermann 12,5; 104,15f; Notley R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 12.100, Nr. 23.526)
Ἀρουειρ (Eusebius, Onomastikon: Timm 38,4f, Nr. 140; Klostermann 32,9f; Notley R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 35, Nr. 140)
 

Beschreibung

Name

Der Name ʿaroʾer bzw. ʿarôʾer (2Sam 24,5; Jer 48,6) meint wahrscheinlich „Wacholder“ (Gaß, Erasmus 2005a, 473; WiBiLex, Art. Aroer, 1.), vgl. Jer 48,6, wo LXX allerdings „Wildesel“ (ὄνος ἄγριος) übersetzt und Vulgata das Wort als Bezeichnug für „Tamariske“ (myrice) versteht.

Altes Testament und zeitgenössische Texte

Aroër markiert die südliche Erstreckung der israelitischen Ansprüche im Ostjordanland (Dtn 2,36; Dtn 4,48; Ri 11,26; 2Sam 24,5). Dies gilt insbesondere für die Beschreibung der Siedlungsgebiete von Gad und Ruben (Num 32,34; Dtn 3,12; Jos 13,9; Jos 13,16; 2Kön 10,33; 1Chr 5,8). Auch das Gebiet des von den Israeliten besiegten Königs Sihon soll sich bis Aroër erstreckt haben (Jos 12,2). Dagegen kennt Jer 48,19 Aroër als moabitischen Ort. Dies dürfte die territorialgeschichtlichen Verhältnisse ab dem 9. Jh. v.Chr. wiedergeben. Im Zug der Süderweiterung seines Gebiets baut der moabitische (dibonitische) König Mescha den Ort aus, gleichzeitig die „Strasse am Arnon“ (Mescha-Inschrift, Zeile 26). Vermutlich handelt es sich um eine Neubefestigung der Königsstraße, die hier das Arnontal quert. So schafft sich Mescha Zugang zu den südlich des Flusses gelegenen Gebieten, etwa nach Horonajim (Zeile 31).
Schwierig zu beurteilen ist Ri 11,33: Jiftach schlägt die Ammoniter „von Aroër bis dahin, wo man nach Minit kommt, zwanzig Städte, und bis hin nach Abel-Keramim“. Da es sich um eine Auseinandersetzung mit den Ammonitern handelt, könnte hier der Ort bei der ammonitischen Metropole Rabba (Aroër gegenüber Rabba; Jos 13,25), gemeint sein (so die meisten Kommentierenden; vgl. MacDonald, Burton 2000a, 166f; Gaß, Erasmus 2005a, 474f; EBR 2, 805; WiBiLex, Art. Aroer, 2.2.; jeweils mit älterer Literatur). Dagegen ist die Vermutung, es handle sich um einen sonst unbekannten Ort an der Nordgrenze des ammonitischen Gebiets (Knauf, Ernst Axel 2016b, 124) nicht begründet. Nach dem Erzählzusammenhang ist eine Gleichsetzung des Aroër von Ri 11,33 mit dem Ri 11,26 genannten Ort am Arnon möglich (so u.a. Alt, Albrecht 1939b, 46 Anm. 3 = Alt, Albrecht 1968a, 159 Anm. 3; Glueck, Nelson 1939a, 247–249; Ottosson, Magnus 1969a, 171f; Guillaume, Philippe 2004a. 147; vgl. Gaß, Erasmus 2005a, 476). Das Toponym Aroër in Ri 11,33 muss nicht so verstanden werden, dass es den Ausgangspunkt der Aktionen Jiftachs bezeichnet. Es kann vielmehr die südliche Grenze des Territoriums angeben, die Jiftach angeblich für Gilead bzw. Israel zurückgewinnt, analog zur Gebietsbeschreibung in Ri 11,26, wo Aroër und Heschbon die Gesamtausdehnung angeben sollen. Möglicherweise führen auch literarkritische bzw. redaktionsgeschichtliche Überlegungen zu der These, dass sowohl Ri 11,26 als auch Ri 11,33 den Ort am Arnon meinen (Gaß, Erasmus 2005a, 475f; Groß, Walter 2009a, 564f).
Was mit den „Städten von Aroër“ (ʿārê ʿaroʾer) in einem Wort gegen Damaskus gemeint ist (Jes 17,2), bleibt unklar. Dass es in alttestamentlicher Zeit einen Ort namens Aroër in der Gegend von Damaskus gab, ist unwahrscheinlich (Aroër, Damaskus). LXX gibt die Wendung in Jes 17,2 umschreibend bzw. interpretierend mit καταλελειμμένη εἰς τὸν αἰῶνα „zerstört für immer“ wieder. Die weitergehende Überlegung, dass Aroër hier nicht einen Ort meint, sondern das „Wacholderland“ (RGG4 1, 795), erscheint wenig hilfreich, da ein solches Land sonst nicht bezeugt ist. Viele Kommentierende halten am MT fest. Eine Verlegenheitsauskunft ist die Vermutung, dass der Vers ursprünglich zu Jes 15f gehörte, wo die Ortsangabe passen würde (Wildberger, Hans 1978a, 635f). Etwas fundierter ist die These, dass mit den „Städten von Aroër“ Orte gemeint sind, die ehemals zu Damaskus gehörten und jetzt verlassen sind (Blenkinsopp, Joseph 2000a, 302f; Beuken, Willem A.M. 2007a, 153). Ob Aroër am Ende des 9. Jh. v.Chr. tatsächlich zu Aram-Damaskus kam, ist allerdings fraglich. Der betreffende Vers (2Kön 10,33) greift auf konventionelle Grenzbeschreibungen des von Israel beanspruchten Gebiets zurück.
Nicht eindeutig ist auch der Beleg in 1Chr 11,44 mit der Erwähnung der Söhne Hotams „des Aroëriters“ (ʿaroʾerî). Die meisten der in 1Chr 11,26-47 aufgelisteten Krieger Davids stammen aus judäischen Orten. Daher könnte der Heimatort Hotams im westjordanischen Aroër (Aroër, Negeb) vermutet werden. 1Chr 11,44 und 1Chr 11,46 nennen jedoch mit Aschtarot und Mahanajim zwei ostjordanische Toponyme. Daher erscheint es wahrscheinlicher, dass Hotams Aroër den Platz am Arnon meint (WiBiLex, Art Aroer, 2.1.).

Nachalttestamentliche Belege

Eusebius identifiziert unter dem Stichwort Ἀροηρ den Ort am Arnon mit demjenigen bei Rabba (Timm 12,6–11, Nr. 23; Klostermann 12,5). Vermutlich beruht diese Identifikation auf der Kombination von Jos 13,9 (Aroër am Arnon als Grenzort der Rubeniter und Gaditer) mit Jos 13,25, wie die Erwähnung von Ἀροηρ unter dem Stichwort Ἰαζηρ (Jaser) zeigt (Timm 131,7f; Klostermann 104,15f), da Jos 13,25 das Gebiet des Stammes Gad, das Jaser umfassen soll, bis nach Aroër gegenüber Rabba auszieht. Den Ri 11,33 genannten Ort gibt Eusebius mit Ἀρουειρ wieder und lokalisiert ihn in einem zeitgenössischen Dorf (κώμη) 6 Meilen nördlich von Jerusalem (Timm 38,4f, Nr. 140; Klostermann 32,9f). Hieronymus gibt demgegenüber die Entfernung von Jerusalem mit 20 Meilen an (Timm 38*,4f). Die Verortung im Westjordanland bei Jerusalem, die der Jiftacherzählung in Ri 11 nicht entspricht, könnte auf Ri 11,34 zurückzuführen sein. Der Vers besagt, dass Jiftach nach Mizpa zurückkommt. Im Erzählzusammenhang ist Mizpa in Gilead gemeint (vgl. Ri 11,29). Eusebius dachte jedoch vermutlich an Mizpa in Benjamin, das ca. 12 km nördlich von Jerusalem liegt (WiBiLex, Art. Aroer, 3.). Das von Eusebius genannte Dorf Ἀρουειρ wird meist mit ʿĀrūra ca. 30 km nördlich von Jerusalem identifiziert (Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993a; WiBiLex, Art. Aroer, 3.), was der Entfernungsangabe bei Hieronymus entspricht. Allerdings weist der archäologische Befund dort hauptsächlich auf eine Besiedlung in der Eisenzeit II, während die Funde aus römisch-byzantinischer Zeit spärlich sind (Hofeditz, Ulrich 2020a, 46).

Lokalisierung

Die alttestamentlichen Texte lokalisieren Aroër ʿal-śepat-naḥal ʾarnon „am Rand des Arnontals“. Die Lokalisierung von Aroër auf Ḫirbet ʿArāʿir ca. 4 km südöstlich von Dibon ist aufgrund der Lage und der Namenskontinuität unbestritten. Der Platz liegt hoch über dem Arnon an der Abbruchkante des nördlichen Steilufers des Arnontals. Er bietet einen hervorragenden Blick über weite Teile des Tals und das Gelände südlich desselben. Darüber hinaus kontrolliert er einen wichtigen Übergang durch das tief eingeschnittene Tal. Nach den Ausgrabungsergebnissen (Olávarri, Emilio 1965a; Olávarri, Emilio 1969a; NEAEHL 1, 92f; Gaß, Erasmus 2009a, 227–229; WiBiLex, Art. Aroer, 4.1.) wurde Ḫirbet ʿArāʿir bereits in der Mittelbronzezeit I als unbefestigter Siedlungsplatz genutzt. Auch in der späten Eisenzeit I (11./10. Jh. v.Chr.) existierte eine Siedlung. In der Eisenzeit II (9.–7. Jh.v.Chr.) stand hier eine massiv gebaute ca. 50 x 50 m große festungsartige Anlage, möglicherweise auf einem eigens errichteten Podium (Finkelstein, Israel / Lipschits, Oded 2010a, 37f). Einige Siedlungsspuren weisen auf eine zeitweise Nutzung in hellenistischer und römischer Zeit.






 

 

Autor: Detlef Jericke; letzte Änderung: 2022-02-05 16:20:00

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 1 (1962), 131 (von Rabenau, Konrad, Art. Aroer)
  • NBL 1 (1991), 175 (Görg, Manfred, Art. Aroer)
  • ABD 1 (1992), 399f (Mattingly, Gerald L., Art. Aroer)
  • NEAEHL 1 (1993), 92f (Olávarri Goicoechea, Emilio, Art. Aroer [in Moab])
  • RGG4 1 (1998), 795 (Knauf, Ernst Axel, Art. Aroer)
  • WiBiLex 2019 (Gaß, Erasmus, Art. Aroer)
  • EBR 2 (2009), 804–807 (Levin, Yigal, Art. Aroer, Aroerite, 2.–5.)

 

Literatur

Thomsen, Peter 1907a , 26 ;  Glueck, Nelson 1934a , 49 ;  Abel, Félix-Marie 1938a , 69.250f ;  Glueck, Nelson 1939a , 247–249 ;  Noth, Martin 1953a , 79.149 ;  Simons, Jan 1959a , 299.363 §§ 594.920 ;  Olávarri, Emilio 1965aWeippert, Manfred 1966a , 283f ;  Mittmann, Siegfried 1969aOttosson, Magnus 1969a , 171f ;  Olávarri, Emilio 1969aWildberger, Hans 1978a , 635f ;  Kaswalder, Pietro A. 1984aKellermann, Mechthild u.a. 1985aMiller, James Maxwell 1989a , 583 ;  Dearman, John Andrew 1989b , 185 ;  Zwickel, Wolfgang 1990a , 144 ;  Kellermann, Diether 1991aKellermann, Diether u.a. 1992aHübner, Ulrich 1992a , 143 ;  Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993aFritz, Volkmar 1994a , 130 ;  Schmitt, Götz 1995a , 66 ;  Mittmann, Siegfried 1995a , 11 ;  Dearman, John Andrew 1997a , 206 ;  MacDonald, Burton 2000a , 96f.166f ;  Blenkinsopp, Joseph 2000a , 302f ;  Gaß, Erasmus 2005a , 473–476 ;  Beuken, Willem A.M. 2007a , 153 ;  Gaß, Erasmus 2009a , 185.227–229 ;  Finkelstein, Israel / Lipschits, Oded 2010a , 37f ;  Rösel, Hartmut N. 2011a , 199 ;  Perlitt, Lothar 2013a , 224f ;  Knauf, Ernst Axel 2016b , 124 ;