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Wüste Zin

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Wilderness of Zin

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

מדבר־צן midbar-ṣin. ἡ ἔρημος Σιν

Belege AT

Num 13,21; Num 20,1; Num 27,14; Num 33,36; Num 34,3; Dtn 32,51; Jos 15,1

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Ἐννα(κ) (Eusebius, Onomastikon 84,14: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 82, Nr. 411; Timm, Stefan 2017a, 104 Zeile 7, Nr. 411)
Σεννα(κ) (Eusebius, Onomastikon 154,16f: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 144, Nr. 824; Timm, Stefan 2017a, 204 Zeile 2f, Nr. 826)

Beschreibung

Name

Eine überzeugende Ableitung des Namens Zin liegt nicht vor. Der Vorschlag, den Namen auf hebräisch ṣen bzw. ṣinnîm „Dornen“ zurückzuführen (Borée, Wilhelm 1968a, 29; WiBiLex, Art Zin, 1.), erscheint vorläufig. LXX (Σιν) und Vulgata (Sin) zeigen die gleiche Namensform wie zur Wüste Sin (midbar-sîn). Diese ist jedoch im am östlichen Rand des Nildeltas zu suchen und daher von der Wüste Zin zu unterscheiden.

Altes Testament

Die Wüste Zin gilt als eine Region an der Südgrenze des Israel zugesagten Landes Kanaan (Num 13,21; Num 34,3) und soll demzufolge auch Teil der Südgrenze Judas sein (Jos 15,1). Sie wird in Zusammenhang gebracht sowohl mit Edom (Num 34,3) als auch mit Kadesch (Num 20,1; Num 27,14) bzw. Kadesch-Barnea (vgl. Num 34,4; Jos 15,3) und Meribat-Kadesch (Dtn 32,51). Num 33,36 setzt sogar die Identität der Toponyme Wüste Zin und Kadesch voraus. Daher resultiert wohl die singuläre Wendung Wüste Kadesch (Ps 29,8), die meist als poetische Variante zum Namen Wüste Zin angesehen wird. Nach Num 13,26 soll Kadesch allerdings in der Wüste Paran liegen. LXX ergänzt daher in Num 33,36 die Angabe „Wüste Paran“ und stellt so einen Ausgleich zu Num 13,26 her. Die entsprechende Verbindung in Num 13,26 könnte jedoch auf einer späten redaktionellen Arbeit beruhen, die sicherstellen will, dass die Kundschafter zum Ausgangspunkt der Aktion zurückkehren (vgl. Num 13,3; Noth, Martin 1977a, 93; Jericke, Detlef 1997a, 290f; Achenbach, Reinhard 2003b, 63.94f).
Die Grenzbeschreibungen Num 34,3-5 und Jos 15,1-4 listen ein Toponym Zin zwischen der Skorpionensteige und Kadesch-Barnea auf (Num 34,4; Jos 15,3). Ob es sich dabei lediglich um eine Abbreviatur des Namens Wüste Zin (Aharoni, Yohanan 1984a, 70) oder um einen eigenständigen Ort handelt, der namengebend für die Landschaftsbezeichnung Wüste Zin war, wird kontrovers diskutiert (Noth, Martin 1953a, 87; Rösel, Hartmut N. 2011a, 237). Das erschlossene Verhältnis der Gebietsbezeichnung Wüste Sin zum Ortsnamen Sin spricht eher für die letztgenannte Annahme, d.h. der Name Wüste Zin wurde nach dem Ortsnamen Zin gebildet (Simons, Jan 1959a, 136 § 311; Keel, Othmer / Küchler, Max 1982a, 334f; Fritz, Volkmar 1994a, 159; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 315f), obwohl, anders als bei Sin, für Zin keine breiter akzeptierte Lokalisierung vorliegt. Die Frage wird dadurch komplexer, dass Num 34,4 und Jos 15,3 jeweils die Richtungsangabe ṣināh „nach Zin“ verwenden. LXX hat hier jeweils Σεννα, zieht demnach das he-locale zum Ortsnamen und unterscheidet auf diese Weise zumindest terminologisch zwischen der Wüste Zin und dem Ort Zin.

Nachalttestamentliche Belege

Eusebius nimmt zwei Mal das Stichwort Zin auf. Allerdings behandelt er jeweils nur den Ort, der Num 34,4 und Jos 15,3 genannt ist. Dabei rekurriert er auf die LXX-Schreibung. Einmal schreibt er, Ἐννα(κ) (Variante zu Σεννα[κ]; vgl. Timm, Stefan 2017a, 204 Apparat zu Zeile 2) sei bei der „Wüste Kadesch“ zu finden (Onomastikon 84,14). Indirekt nimmt er demnach eine Gleichsetzung der Wüste Zin mit der nur Ps 29,8 genannten Wüste Kadesch vor (s.o.). An der anderen Stelle lokalisiert er Σεννα(κ) im Jordantal acht Meilen nördlich von Jericho, wo er einen Ort namens Μαγδαλσεννα kennt (Onomastikon 154,16f).  Dieser wird entweder mit dem Tell eṭ-Ṭarūnī (1888.1501; 31.9437742º N, 35.4090316º E) ca. 10 km nordwestlich von Jericho (Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993a) oder mit der noch etwas weiter nordwestlich gelegenen Ḫirbet el-ʿAuǧāʾ el-Fōqā (1885.1503; 31.9455829º N, 35.4058627º E) gleichgesetzt (vgl. Schmitt, Götz 1995a, 237). Die etwas überraschende lokale Bestimmung des Eusebius ist darauf zurückzuführen, dass er das alttestamentliche Toponym Skorpionensteige (maʿaleh ʿaqrabbîm) als „großen Ort“ Ἀκραββείn interpretiert und diesen neun Meilen östlich von Neapolis/Sichem am Abstieg zum Jordan nach Jericho lokalisiert. Dabei bringt er ihn mit der in hellenistisch-römischer Zeit bezeugten Landschaft Akrabattene (vgl. 1Makk 5,3) in Verbindung (Onomastikon 14,7‒12: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 15, Nr. 32; Timm, Stefan 2017a, 15 Zeile 6–9, Nr. 32; vgl. Jericke, Detlef 2020a, 194f). Da er Kadesch-Barnea bei Petra im südlichen Ostjordanland sucht (Eusebius, Onomastikon 112,8‒12: Notley, R. Steven / Safrai, Ze’ev 2005a, 108, Nr. 578; Timm, Stefan 2017a, 142 Zeile 5-9, Nr. 581), findet er mit Μαγδαλσεννα im unteren Jordantal einen Platz, der – nach seinen topographischen Prämissen – zwischen der Skorpionensteige im Norden und Kadesch-Barnea im Süden liegt und einen Namensanklang an Σεννα(κ)/Zin zeigt. Insofern sind die Angaben des Eusebius nicht für historisch-topographische Festlegungen heranzuziehen, weder zur Skorpionenesteige noch zu Zin bzw. zur Wüste Zin.

Lokalisierung

Die Lokalisierung der Wüste Zin hängt somit ab von der Beurteilung der alttestamentlichen Überlieferungen. Sofern die literarische Verbindung zu Edom im Vordergrund steht, wird die Nordgrenze des Wüstengebiets auf einer gedachten Linie vom Südende des Toten Meers (Salzmeer) über Beerscheba bis in die Gegend von Gaza definiert (ABD 6, 1095f; McKinny, Charles Christopher 2016a, 52). Die Annahme kann sich u.a. darauf stützen, dass „edomitische“ Gruppen ab dem 8. oder 7. Jh. v.Chr. im nördlichen Negeb, zunächst in der Gegend von Arad und Beerscheba, ab dem 5./4. Jh. v. Chr. auch weiter westlich, also im Gebiet der ab dem 4. Jh. v.Chr. belegten Verwaltungseinheit Idumäa, bezeugt sind (Lemaire, André 1999a; Bienkowski, Piotr / Van der Steen, Eveline 2001a; Lemaire, André 2002a; Lemaire, André 2006a; Zucconi, Laura M. 2007a). Unter den genannten Prämissen umfasst die Wüste Zin nahezu den gesamten biblischen Negeb zwischen Kadesch-Barnea und Beerscheba. Diese Festlegung scheint jedoch auch beeinflusst zu sein von der im frühen 20. Jahrhundert durchgeführten ersten archäologsichen Bestandsaufnahme der „Wilderness of Zin“ durch britische Offiziere (Woolley, Charles Leonard / Lawrence, Thomas E. 1914-1915a), die in etwa das genannte Gebiet abdeckte. Durch Ausgrabungen und Oberflächenuntersuchungen ist im Negeb eine vergleichsweise intensive Besiedlung während der Bronze- und Eisenzeit nachgewiesen. Die Hauptbesiedlungsphasen lagen in der Mittelbronzezeit I (ausgehendes 3. Jt. v.Chr.), der späten Eisenzeit I (11./10. Jh. v.Chr.) und der späten Eisenzeit II (8.–6. Jh. v.Chr.) (u.a. Kellermann, Diether u.a. 1992a; Jericke, Detlef 1997a; Finkelstein, Israel 2001a; Cohen, Rudolph / Cohen-Amin, Rebecca 2004a; WiBiLex, Art. Negev, 3.; Tebes, Juan Manuel 2014a; vgl. auch die einschlägigen Karten des Archaeological Survey of Israel unter  www.antiquities.org.il/survey/new/default_en.aspx). Die dichteste Besiedlung in der Antike bzw. in der gesamten Geschichte der Region ist für die byzantinische Zeit (4.–7. Jh. n.Chr.) nachgewiesen (Jericke, Detlef / Schmitt, Götz 1993a; Schmitt, Götz 1995a; WiBiLex, Art. Negev, 3.11.).
Die meisten Versuche einer näheren topographischen Festlegung der Wüste Zin orientieren sich an den Grenzbeschreibungen des Landes Kanaan (Num 34,3-5) bzw. des Juda zugeschriebenen Stammesgebiets (Jos 15,1-4). Außer der Wüste Zin ist hier jeweils ein Ort namens Zin genannt, der zwischen der Skorpionensteige im Osten und Kadesch-Barnea im Westen liegen soll (Num 34,4; Jos 15,3). Unter der Prämisse, dass der Ortsname prägend war für den Landschaftsnamen, wird nach einem Wüstengebiet gesucht, das in etwa zwischen dem Naqb eṣ-Ṣafā (Skorpionensteige), der von der Araba in die Umgebung von Avdat im zentralen Negeb führt, und der Oase von ʿAin el-Qudērāt (Kadesch-Barnea) liegt (Simons, Jan 1959a, 256f, § 433; Fritz, Volkmar 1994a, 159). Mitunter folgt man der neuzeitlichen Namengebung, welche die Bezeichnung Naḥal Ṣin für das arabisch Wādī Murra genannte Trockental östlich von Avdat kennt (vgl. Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a, 334f). Obwohl sich eine solche Gleichsetzung mit der alttestamentlichen Wüste Zin weder philologisch noch archäologisch nahelegt, wird doch darauf verwiesen, dass es sich um das größte Tal in den „Negeb Highlands“ handelt (McKinny, Charles Christopher 2016a, 52). Flankierend wird Jos 12,7 herangezogen, wo nicht die Wüste Zin, sondern der Berg Halak zur Markierung der Südgrenze des Israel zugesagten Landes genannt ist (Abel, Félix-Marie 1938a, 47). Der Berg wird gern mit dem Ǧebel Ḥalāq gleichgesetzt (Noth, Martin 1953a, 69; Kellermann, Diether u.a. 1992a), der sich nördlich über dem Oberlauf des Wādī Murra/Naḥal Ṣin erstreckt. Zumindest für den westlichen Rand des Wādī Murra/Naḥal Ṣin (Lender, Yeshaʿyahu 1990a; www.antiquities.org.il/survey/new/default_en.aspx, Map 196) und für den Bereich des Ǧebel Ḥalāq (Cohen, Rudolph 1981c; www.antiquities.org.il/survey/new/default_en.aspx, Map 181) sind einige eisenzeitliche Siedlungen dokumentiert.
Alternativ wird das etwa 20 km weiter südlich gelegene Wādī Ramān (nehebräisch Maḥteš Rāmon) vorgeschlagen (Bieberstein, Klaus / Mittmann, Siegfried 1991a). Es handelt sich um den größten Erosionskrater des Negeb, der ca. 40 km lang, bis zu 10 km breit und bis ca. 500 m tief ist. Die eindrucksvolle Landschaftsformation liegt ca. 30 km östlich des Oasengebiets von Kadesch und ist das größte zusammenhängende wüstenartige Talsystem zwischen Kadesch-Barnea und dem Kerngebiet Edoms östlich der Araba-Senke. Insofern entspricht Wādī Ramān/Maḥteš Rāmon den Angaben, die aus einigen alttestamentlichen Belegstellen zur Wüste Zin zu entnehmen sind. Am westlichen und nördlichen Rand des Kraters, teilweise auch im Krater selbst, liegen einige eisenzeitliche Siedlungen (Haiman, Mordechai 1991a; Rosen, Steven A. 1994a; Haiman, Mordechai 1999a; www.antiquities.org.il/survey/new/default_en.aspx, Map 200, Map 201, Map 203, Map 204). Dazu gehört Mishor ha-Ruaḥ ca. 7 km nördlich des Kraterrands. Die Siedlung aus der späten Eisenzeit II (7./6. Jh. v.Chr.) wird vereinzelt zur Lokalisierung des Ortes Zin vorgeschlagen (Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a, 311–312.334–335; zum Befund vgl. Jericke, Detlef 1997a, 138.142 Fig. 13.11; Rosen, Steven / Golan, Karni 2016a, Site No. 30).
Eine begründete Entscheidung zwischen den zur Lokalisierung vorgeschlagenen Gebieten ist kaum möglich. Daher begnügt man sich häufig mit dem Hinweis, dass die Wüste Zin im Negeb (Rösel, Hartmut N. 2011a, 237) bzw. im östlichen Negeb vorzustellen (Jericke, Detlef 1997a, 107f), die genauere Lage jedoch unbekannt ist (Aharoni, Yohanan 1984a, 70; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 315f). Symptomatisch für die Unsicherheit über die Lage der Wüste Zin sind die unterschiedlichen Einträge auf Kartenskizzen, welche die Landschaft einmal nördlich (Aharoni, Yohanan 1984a, 71, Karte 4), das andere Mal südlich von Kadesch-Barnea verzeichnen (Aharoni, Yohanan 1984a, 201, Karte 13).
 

 

Autor: Detlef Jericke, 2016; letzte Änderung: 2021-03-03 17:43:19

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 3 (1966), 2241f (Herrmann, Siegfried, Art. Zin)
  • ABD 6 (1992), 1095f (Seely, David R., Art. Zin, Wilderness)
  • WiBiLex 2008 (Kellenberger, Edgar, Art. Zin); 2011 (Jericke, Detlef, Art. Negev)

 

Literatur

Raumer, Karl von 1837a , 36-38 ;  Robinson, Edward 1841b , 499.586.611 ;  Palmer, Edward Henry 1871b , 509 ;  Trumbull, H. Clay 1884a , 67-71 ;  Guthe, Herrmann 1885a , 214f ;  Schmidt, Nathaniel 1910a , 65f ;  Woolley, Charles Leonard / Lawrence, Thomas E. 1914-1915aSavignac, Antoine-Raphaël 1922a , 77-79 ;  Abel, Félix-Marie 1933a , 434 ;  Abel, Félix-Marie 1938a , 47 ;  Noth, Martin 1956a , 87 ;  Simons, Jan 1959a , 21‒23.135–137.256f §§ 61.311.433 ;  Bar-Deroma, Haim 1964aNoth, Martin 1977a , 93 ;  Keel, Othmar / Küchler, Max 1982a , 334f ;  Har-El, Menashe 1983a , 324f ;  Aharoni, Yohanan 1984a , 70f.200‒204 ;  Bieberstein, Klaus / Mittmann, Siegfried 1991aFritz, Volkmar 1994a , 159 ;  Jericke, Detlef 1997a , 107f.290f ;  Vos, Jacobus Cornelis de 2003a , 315f ;  Zucconi, Laura M. 2007aRösel, Hartmut N. 2011a , 237 ;  McKinny, Charles Christopher 2016a , 52 ;